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Volltext: Monatszeitschrift XIX (1916 / Heft 8 und 9)

Die Sippe ist jedenfalls zur selben Zeit auf der Rückseite des kaiserlichen 
Familienbildes aufgemalt worden, da die Sippennamen auf der Vorderseite 
hinzugefügt wurden und die Porträts der Familie Cuspinian entstanden sind, 
also im Oktober r52o. Diese so einfache Sachlage ist in der Literatur mit 
alleiniger Ausnahme von Baldass, der (l. c., pag. 276) auf eine derartige 
Möglichkeit hindeutet, bisher nicht erkannt worden; Frimmel und Weizinger 
zum Beispiel suchen das Verhältnis zwischen Kaiserbild und Sippe auf ganz 
andere Weise zu erklären: „Die Inschriften der Vorderseite" (des kaiser- 
lichen Gruppenporträts), sagt Frimmelf" „sind als Pentimente aufzufassen. 
Sie sind zwar vermuthlich von Strigel's eigener Hand, gehören aber doch 
nicht dem ursprünglichen Bilde an. Unter den Zügen mit den Namen der 
Dargestellten haben andere Inschriften gestanden, die sich auf die heilige 
Sippe beziehen. Man sieht sie, meist vollkommen leserlich, allerwärts durch 
die alte Übermalung durchschimmern. Wahrscheinlich haben Gesellen, die 
des Schreibens und Lesens wenig kundig waren, auf die Vorderseite jene 
Schriften gesetzt, die für die Rückseite bestimmt waren. Nach einiger Zeit 
bemerkte dann wohl der Meister das Missverständnis. Er liess dann vermuth- 
lich die irrthümlich hingesetzten Namen überstreichen und malte auf die 
gedeckten Inschriften neue. Auf der Rückseite sind die Überschriften (die 
sich auf die dargestellten heiligen Personen beziehen) in ihrem ursprünglichen 
Zustand verblieben." Daß die Pentimente erst nach Ferdinands Kaiser- 
krönung aufgesetzt worden sein können, wurde bereits erwähnt. Aber die 
Frimmelsche „Gesellentheorie" ist schon deshalb unhaltbar, weil die Anzahl 
der Figuren auf der Vorder- und Rückseite eine ganz verschiedene ist (sechs 
gegen zehn) und darum eine Verwechslung der dazugehörigen Überschriften 
selbst bei ganz ungeschickten Gesellen so gut wie ausgeschlossen erscheint. 
Weizinger, der jüngste Strigel-Forscher, legt sich (l. c., pag. 130) die Sache 
folgendermaßen zurecht: Die seiner Meinung nach um die Zeit der 
Rehlinger-Bilder (1517) gemalte „kaiserliche Familie" „war ursprünglich als 
Sippenbild gedacht. Das geht daraus hervor, daß unter den heutigen Auf- 
Schriften noch Sippennamen zu erkennen sind; unter ,Ferdinandus I. Impf 
steht ,Simon justusß unter ,Carolus V. Impf bemerken wir ,Simon 
Zelotes conso . . . . .'. Diese Umtaufe hat Strigel selbst vorgenommen, und 
zwar kurz nach dem Tode des Kaisers, 1520, nach der Wahl Karls zum 
Die ersr maria jhesu genas 
Der hailig gaisr tet würcken das 
Joseph sein gschäizrer vaner was. 
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Den mindern Jacob si geberen ret 
Der gerecht Joseph der ander was 
Der dritt und vierd Syrnon Judas. 
Maria Salrne vnd ir rnann 
Zebedeus geparn Johann 
Ewlngelisten rain bekam 
Vnd Jakobum den grössern gnanr. 
Vgl. Weizinger, l. c., pag. x40, und Heidrich, Die alxdeutsche Malerei (Jena 190g, Band I der „Kunst in 
Bildern"), pag. 26x, wo die Verse wesentlich richtiger wiedergegeben sind als bei Weizinger. 
"l Frimmel, Geschichte der Wiener Gemäldesammlungen, I. Halbband (Leipzig rßgg), pag. 584 f.
	        
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