zeigte. Nebenher darf hier vielleicht bemerkt werden, daß das Österreichische
Museum von Thomire eine Standuhr mit einem Apollo und ein paar Leuchter
besitzt, daß etliche über die Grenzen Frankreichs gedrungene Arbeiten Odiots
auf der Breslauer Ausstellung zu sehen waren und daß dieser ein großer
Verehrer Prud'hons war und selbst zwei Gemälde von dessen Hand sein
eigen nannte.
' Das von den drei Künstlern geschaffene Werk, und zwar in seiner
Gesamtheit, nämlich die Wiege, die an und für sich schon mehr ein Denk-
mal als ein für den intimen täglichen Gebrauch bestimmtes Gerät ist, noch
überdies auf Thronstufen und unter einem Thronhimmel, erhärtet wohl wie-
kaum ein anderes Beispiel die Richtigkeit von Alois Riegls geistvollen Sätzen
im Kongreß-Werk (Seite 192 f.), die ausführen, daß die Empirekunst bei der
Dekoration von Innenräumen und bei der Gestaltung von Möbeln vor allem
darauf ausging, den profanen Zweck der Gegenstände zu verhüllen, diese
gewissermaßen in eine bessere, höhere Sphäre zu erheben, sie sozusagen
mit dem Schein von Ewigkeitswerten zu umkleiden. Die mit dem Gebrauchs-
zweck nicht immer leicht zu vereinende edle Form, die häufigen inneren
und äußeren Entlehnungen aus einer einseitig groß gesehenen Vergangen-
heit, "die strenge Sauberkeit der Arbeit, die Verwendung des unverrückbaren
und unzerstörbaren Metalles und die reiche Vergoldung verdeutlichen sinn-
fällig dieses Kunstwollen. Prud'hon, ein ungemein malerisch veranlagter
Künstler, auf den von allen großen Werken der alten und neueren klassischen
Kunst die Bilder Correggios den nachhaltigsten Eindruck machten, zollt
doch in seinem Entwurf zur Wiege, was das Streben nach statuarischer
Monumentalität und die Anwendung von Allegorien, die in der späten
römischen Kunst wurzeln, anbelangt, seiner Zeit den Zoll. Daß in einer
Epoche, deren größter Maler, David, den Figuren seiner Bilder Stellungen
von berühmten Statuen des klassischen Altertums gab, sowohl der Dreifuß
als auch das Kästchen aus dem Besitz der Kaiserin Maria Luise zur Gänze
oder in Einzelheiten antike Vorbilder nachahmen, kann nicht wundernehmen.
Nimmt man all das zusammen, so läßt sich sagen, daß die drei besprochenen
Gegenstände aus der kaiserlichen Schatzkammer, samt und sonders von
ausgezeichneten, ja führenden Meistern ihrer Zeit geschaffen, ein zwar eng
umgrenztes, aber überraschend anschauliches und aufschlußreiches Bild der
Empirekunst geben.
Zum Schlusse werden hier die genannten Urkunden mitgeteilt":
ä Zu Beginn des Jahres 1914 wurden zuerst Herrn Dr. Albert Figdor und dann dem Oberstltämmereramt
Seiner Majestät des Kaisers drei Dokumente zum Kauf angeboten, die sich auf die Wiege des Herzogs von
Reichstadt in der Wiener Schatzkammer beziehen: Prud'hons Programm, die Denkschrift Thomires und Odiots
und des letzteren Zahlungsbestätigung. Wegen des allzu hohen Preises kam ein Ankauf nicht zustande, aber
der Händler gestattete, daß die Urkunden photographiert wurden. Gegen eine Veröffentlichung, die hier im
Einverständnis mit dern Oherstkämmererarnt erfolgt, erhob er gleichfalls keinen Einspruch. Die ersten beiden
Akten sind vollinhaltlich mitgeteilt, vom dritten wurde bereits oben ein Auszug gegeben, Die Orthographie der
Originale ist beibehalten.
Die drei Dokumente befanden sich 1911 in der Sammlung Marc Rosenbergs. Vgl. Nr. gg bis 101 in
Hermann Flamms bereits zitiertem Verzeichnis der Handschriften dieser Sammlung. 1915 sind nach der Angabe
des Werkes über die Breslauer Ausstellung (Seite 69) alle drei Urkunden verbrannt.