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In späterer Zeit werden wir wiederholt die-
selben Fabrikanten als „bürgerliche Posamen-
tierer und Bandfabrikanten" oder als „bürger-
liche Posamentierer und Modebandfabrikanten"
bezeichnet finden} oder ein „bürgerlicherPosamen-
tirer stellt neben Fransen, Quasten, Fiocken,
Glockenzüge, Livreeborten" und so weiter „ver-
schieden färbige, fleißig gearbeitete Bänder" aus
Die falsche Vorstellung, die uns die meisten
Bücher von der Entwicklung der österreichischen
Bandweberei bieten, geht aber zum großen Teile
darauf zurück, daß sie sich mit oder ohne Absicht
fast nur mit der Bandweberei auf Mühlstühlen
beschäftigenf"
Allerdings fließen hier die Quellen, aus denen
wir unsere Erkenntnis schöpfen können, reichlicher;
denn hier ruht in den Archiven ziemlich viel
urkundliches Material, so für uns besonders im
Archiv des k. und k. Gemeinsamen Finanzmini-
steriums in Wienrl- Es erklärt sich das daraus, daß
es sich hier großenteils um besondere staatliche
Befugnisse oder vorn Staate geförderte Unter-
nehmungen handelt. Auch wir mußten uns haupt-
sächlich auf solche einseitige Nachrichten stützen;
immerhin gelang es, zwischendurch plötzlich eine
Borten inWiener Art, zweite Hälfte _ ,
des xvmdatuhundms, Abb .7; Bemerkung oder Anspielung zu finden, die auch
Wßinm "'26 dznkguila- 62:: m8" auf andere Gebiete aufklärend wirkte.
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biianteaseide auf Goldgrund. (mm. Vor allem konnten wir so den Mann feststellen,
reichisches Museum) der als der eigentliche Begründer der kunstvolleren
Akte 49 ex Septembri i806. Bemerkenswert ist auch ein Bericht des oherösterreichischen „Consessus
Commercialia" vom Jahre i77i (iiz ex junio r77i), der sich wieder auf die eingeholten Mitteilungen von
Vorstehern der Handelsschaft und so weiter stiitzt, „welche Berichte in der Hauptsache dahin ausgefallen, daß
die hierländigen Posamentierer zwar Sammet- Floret- und halbseiden-Bänder, wie alle andere Posamentierer-
Arbeit machen könnten; alleine allhier eines Teils zu kostbar zu Leben wäre, und die Gesellen nicht um den
Lohn wie in Augsburg arbeiten, so zwar, daß es schon viele auch mit Vorschuss begnadete Meister, mit ihrem
Schaden erfahren; zu deme andern Teils diese geringe Gattungen auf Mühl-Stühlen gearbeitet wurden, welches
bis anhero Theils wegen den - denen Gesellen andurch entgehenden Verdienst verbotten, Theils hierauf kein
sicher Verschleiß ware." Über das hier gemeinte Verbot werden wir auch zu sprechen haben.
1 So Franz Heller und Anton Flandorfer in dem „Bericht über die erste allgemeine österreichische
Gewerbsproducten-Austellung im jahre i835" (Wien, gedruckt bei Carl Gerold).
Der „bürgerliche Posamentierer" Johann Wiedner erscheint dort auch mit Florbändem.
i" Ignaz Löbl im „Bericht über die zweite allgemeine Gewerbs-Produeten-Ausstellung im Jahre x83g"
(Wien, i84o) auf Seite 30g.
f" Daß wir eine Zeitlang von diesen irrigen Meinungen selbst beeinüußt waren (vgl. „Kunst und Kunst-
handwerk" i9i5. Seite 347, Anmerkungi), wird man verzeihlich finden.
1- Die Benutzung dieses Archives war leider aus äußerlichen Gründen sehr erschwert. Um so mehr
fühlen wir uns Herrn Archivar Dr. Gustav Bodeiistein zu Dank verpflichtet, daß er unsere Studien in sehr
entgegenkommender Weise ermöglicht hat. - Wenn wir nichts besonders erwähnt haben. beziehen sich die
Quellenangaben bei Urkunden auf dieses Archiv (mehrere Faszikel mit „Commerz Nr. 78").