und Bräunlich in Wiener-Neustadt, ein Unternehmen, das wir als Seiden-
zeugweberei schon anderen Ortes gewürdigt haben?"
Wir wollen damit natürlich nicht die Bedeutung der Schweizerischen
Weberei an sich herabsetzen oder aus der Entwicklung der österreichischen
Bandweberei wegzuleugnen versuchen. Nein, sie war für die Herstellung
der Massenerzeugnisse zweifellos von entscheidender Bedeutung, aber
erstens nicht auf allen Gebieten auch nur dieser, und dann gab es eben
noch andere, künstlerisch weit höher stehende Zweige der Bandweberei,
die mit der Schweiz gar nichts zu tun hatten.
Wie bereits gesagt, ist es fast selbstverständlich, daß wir bei der allge-
meinen Stellung Frankreichs im Kunstgewerbe des XVIII. Jahrhunderts
auch bei der Bandweberei die künstlerische Führung zunächst in Frankreich
suchen müssen. '
Es sei also gestattet, einen kurzen Überblick über die Entwicklung der
französischen Bandweberei im XVIII. Jahrhunderte zu geben. Schon zu
Beginn unseres Aufsatzes haben wir auf die Auswanderung hugenottischer
Arbeiter nach Holland, England und so weiter hingewiesen. Gewiß litt die
französische Banderzeugung wie der ganze französische Gewerbefleiß
durch die Aufhebung des Ediktes von Nantes in hohem Maße. Und es mag
sich dadurch wenigstens teilweise erklären, wenn Savary's „Dictionnaire
de commerce" in einer Bemerkung seines älteren Bestandes - das Werk
ist bekanntlich in mehreren Auflagen erschienen -- hervorhebt, die Band-
erzeugung in Frankreich wäre trotz großen Verbrauches sehr verfallen und
man bevorzuge in Paris die Londoner Bänder." Allerdings heißt es dann
gleich weiter, daß umgekehrt in London Pariser Bänder vorgezogen würden,
was Savary selbst schon als sonderbar auHällt. Man sieht eben wieder, daß
die Mode stets launenhaft war und immer Vorliebe für das Fremde hatte.
Obwohl der Utrechter Friede den Handel mit England sehr erschwerte,
bezog Frankreich jedenfalls durch lange Zeit seine Bänder einerseits haupt-
sächlich aus England, anderseits aus Italien, hier vor allem aus Bologna.
Wenn wir aber im XVIII. jahrhundert und wohl früher schon so oft
von „Padoue" hören, dürfen wir nicht mehr unmittelbar an Paduanische
Erzeugung denken, sondern nur an Arbeiten in Paduanischer Art. Und
zwar verstand man unter „Paduaner Bändern" im allgemeinen ganz oder
teilweise aus Florett- oder I-Ialbseide gearbeitete, also minder kostbare,
wie sie hauptsächlich zum Einfassen von Kleider- und Möbelstoffen ver-
wendet wurden. In Frankreich war außer der Umgebung Lyons besonders
St. Etienne de Forez für die Herstellung dieser Arten von Wichtigkeit.
Für Gold- und Silberborten kamen vor allem Paris und Lyon in
Betracht, für eigentliche Silberborten gleichfalls Paris, dann Lyon, Tours
und einige andere Orte (Wollbänder wurden hauptsächlich in Amiens, in ein-
"' „Kunst und Kunsthandwerk" 1915, Seite 344.
i" 4. Band, Spalte 593 der Kopenhagener Ausgabe von 1765.