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Klein begibt sich nun nach Frankfurt, um Arbeiter für Schubstühle an-
zuwerben." Die Verbindung mit Reinke zerschlägt sich jedoch; Klein will
daher mit einem anderen Gesellschafter die Fabrik nicht in St. Pölten,
sondern in Wien, errichten und erhält dazu einige Begünstigungen." Im
nächsten Jahre bittet dann ein gewisser Ferdinand Arnfeld, ihm die Samt-
bandfabrik des Franz Klein zu überlassenfm" Klein wird dabei als ein Mann
von „unordentlicher Lebensart" geschildert. Vielleicht erklärt sich so auch sein
früherer Zusammenbruch in Hamburg. 1' Es ist ja begreiflich, daß unter den in
Österreich ihr Glück Suchenden auch mancher weniger Zuverlässige war,
wodurch sich manche der Schwierigkeiten erklären, von denen wir immer
wieder hören. Wir werden auf Klein übrigens noch zurückkommen müssen;
hier handelte es sich uns zunächst nur darum, festzustellen, daß er und
seine Arbeiter aus dem „Reiche" gekommen WQTGDIH"
Abb. 37. „Tapezierer-Borte", mehrfarbige Noppen auf weißem Grunde.
(Österreichisches Museum)
Wenn wir alles bisher Berichtete zusammenfassen, erkennen wir
jedenfalls, daß das Reich - wenigstens die Rheingebiete - für die Wiener
Erzeugung, besonders in technischer Hinsicht, auch noch in späterer Zeit
von großer Bedeutung waren.
Und Ähnliches war, wie gesagt, bei der Schweiz der Fall.
Wir haben schon darauf hingewiesen, daß das Verhältnis der Schweiz
gegenüber Österreich anders war als das Frankreichs, finden wir doch
4' 3c ex julio 786.
i" 6c ex julio 786. Klein bittet, ihm und den Brüdern Rosthorn das Ettmiillersche Quartier im „Schwarzen
Ochsen" zu überlassen. Der Seidenweber Ettmilller arbeite seit Jahren nur gewöhnliche Seidenwolle und habe
das Quartier nur auf unbestimmte Zeit erhalten. - 98 ex Sept. 786. Da Reinke die Verbindung mit Klein gelöst
hat, wird ihm selbst die Bewilligung zur Errichtung einer Fabrik erteilt; er hat die nötigen Gebäude in St. Pölten
und ist im Fabrikswesen erprobt.
"" 75 ex Martin 787.
1- Über den wir in 50 ex julio 784 allerdings einen anders gefärbten Bericht Enden.
H- Zu den „Kölnischen halbseidenen Bänder", die in älterer Zeit erwähnt werden, bemerken wir, daß sie
sehr billige Massenerzeugnisse waren. So fragt Kaiserin Maria Theresia (z: ex Majo 764), ob in den Erblanden
Arsenicum, Gyps, Schmiergel, Kölnische halbseidene Bänder und anderes erzeugt würden, und erhält darauf
die Auskunft: „Cölnische halbseidene Bänder werden fast gar nicht gemacht, und ist auch schon das letzte
Capo, auf welche eine, so zu sagen schon llber die Maaße erweiterte Fabricnfur getrieben werden kann, weil
solche einen gar geringen Arbeits-Lohn abwirft".