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Volltext: Monatszeitschrift II (1899 / Heft 8)

nach irgend einer Richtung, sei es der religiösen oder freigeistigen, 
sei es der pessimistischen oder optimistischen, der egoistischen oder 
altruistischen octroyiren will, versündigt sich am Wesen der Kunst, 
beschränkt ihre Wirkung auf einzelne Seiten des menschlichen Wesens, 
während sie sich doch auf alle ausdehnen sollte. Nur in der Kunst ist 
der Mensch, wie schon Schiller erkannte, ganz Mensch, nur in ihr kann 
er sich über die Einseitigkeit seines Daseins emporheben. Aber er 
kann es nur, wenn die Kunst für sich das Wort wahr macht, dass 
nichts Menschliches ihr fremd ist. 
Damit ist auch die Grenze der normativen Ästhetik bestimmt. 
Der Ästhetiker kann Gesetze nicht über den Inhalt, sondern nur über 
die Art geben, wie dieser Inhalt von der Kunst zur Anschauung 
gebracht werden soll. Die Formen der künstlerischen Darstellung, die 
Mittel zur Erzeugung der ästhetischen Illusion, das sind die Fragen, die 
in erster Linie den Gegenstand der ästhetischen Normirung zu bilden 
haben. Den Inhalt der Kunst schafft nicht der Ästhetiker, nicht 
einmal der Künstler, den schafft die Welt, das Leben selbst in seiner 
Vielseitigkeit und seinem herben Zwange. Er steht nicht unter dem 
Willen des Menschen, sondern unter dem Gesetz der Natur. Man 
kann einen Juwelier wohl lehren, wie er einen Edelstein zu schleifen 
und zu fassen hat, damit sein Glanz möglichst zur Geltung komme. 
Aber man kann ihn nicht lehren, wie er die Sonne scheinen lassen 
soll, damit sich ihr Licht möglichst wirksam in ihm spiegle. 
SCHMIEDEISERNE GRABKREUZE IN 
TIROL Saß VON JOHANN DEININGER- 
INNSBRUCK S0 
IE kleinen Dorf-Friedhöfe in den Alpenländern 
und namentlich in Deutschtirol haben 
bezüglich der Inschriften auf ihren be- 
scheidenen Denkmalen vom Standpunkte 
des Studiums der Volkspoesie schon 
mehrfach eine literarische Würdigung 
erfahren. Sie bergen aber unter ihren viel- 
fältig gestalteten Grabkreuzen überdies 
eine so ansehnlicheZahl gediegenerWerke 
alter Schmiedekunst, dass es sich wohl 
V der Mühe lohnen mag, diese Erinnerungs- 
zeichen auch in kunsttechnischer Hinsicht näher zu betrachten, 
umsomehr, als leider in neuerer Zeit die sich häufende Anwendung 
 
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 Ggl
	        
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