Von den beiden
Spielarten, dem Stab-
fächer, der ohne Stoß-
bespannung ist, und
dem Faltfächer, der
den oberen Teil seines
Gestelles, das Fächer-
blatt, mit Seide, Perga-
rnent oder Papier über-
zieht, ist die letztere
in der Überzahl.
Dafür zeigen die
wenigen Stabfacher
aber bestechende Ge-
schmacksqualität. Man
iindet unter ihnen gute
Beispiele jener be-
rühmten Vernis Mar-
tin-Fächer. Sie sind aus
Elfenbein, in Gouache
bemalt und mit einem
glänzendemdurchsich-
tigen Firnis überzogen,
den der Wagen- und
Sänftenfabrikant Mar-
tin erfand und der sei-
nen Namen trägt. Die-
ser Lack, der dem
japanischen sehr nahe
kommt, verleiht der
unter ihm liegenden
Malerei etwas Wei-
ches, Schwimmendes.
Die meist hellgriinen
Flächen leuchten wie
Email. Den Stoff der
Klausurarbeit von Andrea Frossombone (k. k. Stnatsgewerbeschule in Triest) malerischen Darstel"
lung auf den hier aus-
gestellten Fächern geben Moliere-Szenen nach der Neigung der Zeit, den Fächer mit den
Zeichen literarischer, theatralischer Moden und Liebhabereien, mit Gozzi- und Goldoni-
Figurinen, mit Figaro-Motiven, mit Opernreminiszenzen Gretrys - Richard cteur de lion
und Nina zum Beispiele - zu dekorieren.
Ein paar andere Stabfacher sind aus den Anfängen des XIX. Jahrhunderts; sie haben
das im Empire maßgebend gewordene winzige Format und ihre künstlerische Ausbildung
besteht in einer hauehzarten, an Spitzenspinnwebmusterung erinnernden Aussägearbeit
von bewunderungswürdiger Vollendung. Die Elfenbein-Filigranwerke haben ein besonderes
ornamentales Hauptstück in dem Mitteloval, das in der Kursivschrift der Zeit Relief-Initialen
trägt. Ein dritter Stabfacher dieser Epoche ist aus Horn und hat als Mittelmedaillonzierat
einen Blumenkorb in gravierter und goldausgefüllter Zeichnung. Hohen Geschmackswert
stellen diese Stücke dar. Aber die fruchtbarere Kulturausbeute kommt doch aus den Fächern
mit Bespannung, auf deren Blättern sich in Malerei alle Stilmanieren und Variationen des
Jahrhunderts verewigen.