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Volltext: Monatszeitschrift X (1907 / Heft 2)

mehr ein, Flachs 
anzubauen und 
das gewonnene 
Rohprodukt 
während der lan- 
gen Winteraben- 
dezuverarbeiten. 
Die „Spinnstu- 
ben" mitsamt 
ihrem Gerät und 
ihren Gebräuchen 
gehören der Ver- 
gangenheit an 
und das dabei in 
Verwendung ge- 
kommene Hand- 
werkzeug ist ver- 
Schwundenxviel" Meusburgersches Haus in Bezau 
leicht da und dort 
noch in einem Winkel unterm Dach aufbewahrt. An die Stelle des Spinnrads 
ist die Stickmaschine getreten, liefert doch der Bregenzer Wald ein gut Teil 
der Ware, die als „Schweizer Stickereien" gekauft werden. Noch trifft man, 
selten freilich, an der Decke des Wohngemachs den drehbaren Holzarm, 
der vor Zeiten die fiackernde Öllampe trug. Heute hat selbst das einfachste 
Bauernhaus elektrisches Licht und die Leute wissen den Sinn des drehbaren 
Gestells kaum mehr zu deuten. Vieles andere aber, das aus den Lebensver- 
hältnissen, aus dem Klima entsprang, hat sich erhalten, obschon vereinzelt 
bereits auch da jene Ungereimtheiten sich breit zu machen beginnen, die 
mit der Scheinkultur unserer Zeit sich überall eingenistet haben, wo die 
„Fremdenindustrie" die Landbewohner in ein Abhängigkeitsverhältnis zu 
Umständen setzt, die nicht zur Scholle passen. Müssen denn Hotels, Land- 
sitze von Sommergästen, Bahnhöfe, neue Schulhäuser, Güterhallen die 
Landschaft absolut „verschande1n"? - Daß die Anlage neuer Verkehrs- 
wege, die Bebauung bisher im natürlichen Zustand befindlicher Gelände 
nicht unabwendbar mit Geschmacklosigkeiten aller Art verbunden zu sein 
braucht, ist durch Resultate, die der richtigen Wahrnehmung des nötigen 
Zusammenhangs zwischen Kunst und Natur ihr Dasein verdanken, erwiesen 
auch durch Schöpfungen unserer Zeit. Das Gefühl dafür wird aber so lang 
nicht allgemein sich geltend machen, als man die Bureau-, die Reißbrett- 
arbeit, die Erziehung zu einseitiger Beobachtung theoretischer Grundsätze, 
wie sie vom Katheder und aus den behördlichen Kanzleien kommen, höher 
einschätzt als die Ausbildung des Blickes für die künstlerische Gestaltung, die, 
je nach Umständen immer wieder ein Anpassen an örtliche Erscheinungen 
in sachlicher Ausführung zeigen muß. Die rein akademische oder bureau- 
 
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