größer, je ärmer die gesamte Wirtschaft ist. Man darf
denn auch aus den hier angestellten, auf morphologischer
Betrachtung beruhenden Vergleichen den berechtigten
Schluß ziehen, daß, von den Führerpersönlichkeiten im
Baugewerbe einmal als dringlich erkannt, das Problem
der Rationalisierung auch hier seine Lösung finden wird.
Und dazu sind wir schon auf dem besten Wege, ins
besondere Deutschland. Dieses geht als erstes euro
päisches Land auf dem Gebiete der Rationalisierung des
Wohnhausbaues planmäßig vor. Vor ungefähr
Jahresfrist hat der deutsche Reichstag einen Betrag von
10 Millionen Mark für bautechnische Versuche, ins
besondere für die Errichtung von Versuchsbauten und
von Versuchssiedlungen bewilligt. Die „Reichsforschungs-
Gesellschaft für Wirtschaftlichkeit im Bau- und
Wohnungswesen in Deutschland” hat um die gleiche
Zeit ihre Tätigkeit aufgenommen und der „Deutsche
Ausschuß für wirtschaftliches Bauen” geht parallel damit
vor. Seine Publikationen begegnen nicht bloß in Fach
kreisen dem größten Interesse und seine Tagungen, 1927
in Stuttgart, stellen wohl die ersten ihrer Art auf dem
Kontinente dar. Von anderer, mehr sozialistisch, min
destens syndikalistisch gerichteter Seite wird in ähn
lichem Sinne gearbeitet und die Ergebnisse veröffentlicht
in der Reihe der „Dreikellen-Bücher”*). Ihre Titel:
„Neue Wege zum Kleinwohnungsbau”, „Probleme der
Baukosten-Verbilligung”, „Wissenschaftliche Betriebs
führung im Baugewerbe”, „Amerikanische Bauwirt
schaft” zeigen ihre Arbeitsgebiete. Daß die Rationalisie
rung gerade beim Wohnungsbau so intensiv einsetzt, ist
einerseits der Wichtigkeit des Zweckes, andererseits dem
großen Umfange und der verhältnismäßigen Gleichartig
keit des Gewollten zuzusohreiben. Auch bei uns in
Österreich, wo die Gemeinde Wien und ver
schiedene Baugenossenschaften als große Auf
traggeber auftreten, hat der Teil der damit befaßten
Unternehmerschaft die Vorteile einer gewissen Mechani
sierung und damit Rationalisierung kennengelernt und hat
sie im Konkurrenzkämpfe anwenden müssen. Allerdings
sind gerade bei uns infolge verschiedener Ursachen die
Baukosten viel zu hoch und während der Lebenskosten
index, nach Ausscheidung des unnatürlich geringen Auf
wandes für Wohnung, bei rund 19.000 hält, beläuft sich
der Baukostenindex auf das 22.000 bis 23.000fache der
Friedenskosten. Diese Spannung zeigt, wie gerade hier
die durch Rationalisierung hervorgerufene Verbilligung
vonnöten ist. Nun muß hier an die oben des näheren
Die Organisation
Von Sektionsrat D
Der Begriff „Organisation“ ist heute wohl schon in einem
solchen Maße in das Bewußtsein der weitesten Kreise der
Bevölkerung eingedrungen, daß es füglich unterlassen werden
kann, hierüber näheres zu sagen. Es gibt jederzeit kaum
mehr einen Stand oder Berufszweig, der, in der Erkenntnis
der großen Vorteile, die die Organisation bietet, sich eine sol
che nicht schon geschaffen hätte. Zweck der Organisation ist es,
die Kräfte der Angehörigen eines Standes oder Berufszweiges
zur Bewältigung von Aufgaben zusammenzufassen, für die
die Kraft des Einzelnen nicht ausreicht. Es genügt wohl, auf
die Bauhütten, Zünfte, Innungen, Gilden usw. des Mittelalters
hinzuweisen, um darzutun, daß der Gewerbestand und insbe-
*) Verlag: Vorwärts-Buchdruckerei, Berlin SW.
angeführten Besonderheiten im Bauwesen erinnert wer
den, wonach das Ergebnis der auf wissenschaftlicher
Forschung beruhenden Verbesserung der Betriebsführung
im Baugewerbe nicht so sehr groß als bei anderen,
echten Industrien sein kann. Man untersuchte in Amerika
die Abweichung zwischen best- und am schlechtesten
geleiteten Betrieben und fand das Verhältnis der Leistung
des besten zu jener des durchschnittlichen Betriebes in
der Metallindustrie wie 4.5 : 1, im Baugewerbe bloß wie
1.5 : 1. Ohne derartige Zahlen wörtlich zu nehmen, ist
doch der Gedanke, daß ein Drittel unserer heutigen Bau
kosten jahraus jahrein verloren gehen und durch Be
triebsverbesserung mehr oder minder gerettet werden
könnte, von aufpeitschender Wirkung. Hier soll nun der
Hebel angesetzt werden, dem auf der Wissenschaft
beruhenden hohen Stande der konstruktiven Technik
soll eine auf ähnlicher Forschung basierende erhöhte
Wirtschaftlichkeit der ausführenden Technik angegliedert
werden.
Dieser enge Zusammenhang zwischen Wissenschaft
und Wirtschaft muß ähnlich wie in Amerika durch ein
persönliches Element verstärkt werden, nämlich durch
den Austausch von Wissenschaftern und Praktikern. Es
darf keine Seltenheit mehr sein, Wissenschafter in wich
tigen Stellungen in der Industrie zu finden, ebenso wie
man den Mann der Praxis auf wichtigen Lehrstühlen der
Hochschulen antreffen soll. Auf der „II. Deutschen Bau
woche in Leipzig”, Ende August 1927, wurde von maß
gebender Seite auch das Begehren wiederholt, wonach
der angehende Baufachmann schon auf der Baugewerk-
und Hochschule nicht nur mit konstruktiven und sta
tischen Dingen, sondern auch mit den technischen und
wirtschaftlichen Fragen des Baubetriebes vertraut
gemacht werden soll. „Die Arbeit ist das Erste,
das die Wirtschaftlichkeit vor allem beeinflußt, nicht die
Konstruktion. Und die Höhe der Arbeitsform bedingt die
Art der Konstruktion und im weiteren Verlauf die Höhe
einer Kultur”, sagt Otto Rode im Vorwort seines
Buches*). Die Zeitumstände haben das alte Baugewerbe
unmöglich gemacht, es gibt sonach dieses nicht mehr
und wir müssen eben auf der Suche sein nach dem
besseren Neuen, das das mindere Alte ersetzen soll. Mit
dieser Aufgabe müssen wir schon bei dem Studierenden
beginnen und wir müssen sie immer wieder auch Vor
halten dem erfahrenen Praktiker, der im Baugewerbe
mehr als sonstwo verharren möchte „in der Gewohnheit
trägem Geleise”.
des Baugewerbes.
•. Franz W u r d a.
sondere auch das Baugewerbe als eines der ersten Gewerbe
schon frühzeitig die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der
Organisation erkannt haben. War doch die Bauhütte in Wien,
aus der die heute bestehende Genossenschaft der Bau-,
Maurer- und Steinmetzmeister, uralte Haupthütte, in Wien
hervorgegangen ist, eine der ältesten und vornehmsten Ver
einigungen deutscher Bauhandwerker. Auch die österreichische
Gesetzgebung hat die große Bedeutung, die die Organisation
für den Gewerbestand besitzt, sehr wohl zu würdigen gewußt.
Dies zeigt sich insbesondere darin, daß die Gewerbegesetz
gebung (VII. Hauptstück der Gewerbeordnung) sich in ein
gehendster Weise mit der Regelung der Rechtsverhältnisse
*) Otto Rode „Der wirtschaftliche Baubetrieb”, Bauwelt-
Verlag, Berlin SW 68.
2/Kein Volltext zu diesem Bild verfügbar.
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