stillt; rings Rosen, Grün, Sonne, Schatten, und alles mit Saft und Kraft gegeben. Sehr
interessant ist übrigens auch Vogels „Presbyterä ein alter Geistlicher, der in der Postille
liest. Echter Bauerntypus, mit grösster Genauigkeit studiert und gegeben, etwa in
LeibFscher Gründlichkeit der Durchführung. Auch von Courtens sieht man wieder einmal
ein grosses Waldbild von der alten Kräftigkeit und Saftigkeit. Und vom Norweger Hans
Dahl eine Fjordscene voll seines lustigen, etwas elektrisch harten Sonnenscheines. Die
grossen Landschaften des Münchners Palmie, der einst die stockiinstere Nacht so gut zu
treffen wusste, sind eigenartig, aber etwas einförmig in ihrem stumpfen Grau und Grün.
Dagegen geht Eugen Bracht auf möglichste Mannigfaltigkeit los. Er hat etwa ein Dutzend
Landschaften in gleichem Format, die als decorativer Cyclus gedacht scheinen. Demgemäss
sehr summarisch behandelt, aber die Charakteristik immer mit weithin rufender Deutlichkeit
gegeben. An deutschen Landschaften ist überhaupt kein Mangel. Die Karlsruher sind in
corpore eingerückt: Volkmann, Kallmorgen, Kampmann, Hein, Lieber, Luntz u. s. f. Gross-
zügige Ornamentik der Natur. An ihrer Spitze steht aber noch immer Schönleber, diesmal
mit einer ganzen Sammlung. Sein Hauptbild ist ein grosses, breites, schmutzig daher-
wirbelndes Wasser, wie es sonst niemand malen kann. Aber auch alles andere hat Natur
und sogar einen gewissen Zug zu heutiger Art, die Dinge zu nehmen und zu geben.
Diese Bilder befinden sich im ersten Stock, wo diesmal auch die Architekten eine Rolle
spielen. Man sieht da unter anderem Rudolf Dicks preisgekrönten Entwurf für die cali-
fomische Universität und eine Folge der bekannten Blätter Otto Rieths, die gewiss auch
ein grösseres Publicum interessiren werden. Auch die Plastik ist gut vertreten, so durch
einige bekannte Ausländer: Fremiet, Theodore Riviere, Puech, du Bois, den Neapolitaner
Renda (Wassernixe). Die Wiener Porträtplastik gibt sehr hübsche Sachen (Benks
Kaposi-Büste, Bitterlichs Grillparzer), auch im Relief (Swobodas Kaiserbildnis, Schwartz'
polychrom gehaltenes Brustbild einer Dame) und in der Medaille oder Plakette (Marschalls
weich und gross behandeltes Kaiserporträt, Scharffs brillante Dumba-Medaille, von bestem
Wiener Realismus, dann gute Sachen von Breithut und Pawlik). Von Anselm Zinsler
sind wieder einige seiner eigenthümlichen „Wachs- und Gips"-Sachen zu sehen, aus denen
sich noch etwas herauswachsen kann. Das Kunstgewerbe bringt Karl Waschmanns
prächtigen silbernen Tafelaufsatz "Hubertus", eine Bestellung des Erzherzogs Franz
Salvator und der Erzherzogin Marie Valerie zum 70. Geburtstag Seiner Majestät. Oben
ein imposanter Hirsch, vor dem St. Hubertus kniet; der Sockel Felsgebilde mit frei
aufgesetzten Sträuchern und Bäumchen, in den Sockel eingelassen ein feines Relief:
Parforcejagd mit dem Kaiserpaar zu Pferde und die grosse Widmungstafel; die Umfassung
des Blumenbeckens unten mit einer Reihe zierlichster Reliefs geschmückt, welche
kaiserliche ]agdhäuser abwechselnd mit Scenen aus dem Leben der Jagdthiere dar-
stellen. Das brillant durchgeführte, höchst decorativ wirkende Werk ist ein Hauptstück
der neueren österreichischen Metallkunst. Schliesslich hat die Ausstellung ein ganzes
Cabinet voll Böcklin'scher Gemälde. Die Genossenschaft hat dadurch dem grossen
Neumeister eine Art Todtenfeier veranstaltet, so gut sie ohne die nicht erreichbaren Schätze
der öffentlichen Sammlungen ausfallen konnte. Neben bekannteren Werken, wie der
seltsam feierlichen „Frühlingshymne", der grossartigen Cleopatra, dem köstlichen
Lanckoronskfschen Triton und der tiefernsten Ruine am Meer lernt man auch_ ein paar
weniger geläufige Bilder kennen. So das reizende ]ugendbildnis des Altgrafen Salm, mit
den langen, fast dürerisch gezählten Lockensträhnen und ein Damenporträt aus Baiern,
von Frühlingspracht umgeben, wie sie nur Böcklin gedichtet hat. Das interessanteste Stück
freilich ist ein grosses Novissimum: „Der Krieg." Es ist das letzte, unvollendet gebliebene
Werk des Künstlers. Drei apokalyptische Figuren über eine befestigte Stadt hinwegreitend,
die vorderste der Tod, der mit einer Wildheit ohnegleichen eine ungeheure Sense schwingt.
Man denkt an Dürer, vielleicht auch an Cornelius, aber es ist doch ganz Böcklin, bis auf
den makabren Humor, mit dem an den Schädel des Todes noch ein paar fahle Haarbüschel
hinfrisirt sind.