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Volltext: Monatszeitschrift XX (1917 / Heft 1 und 2)

hiedurch bedingten engeren Bindung an eine bestimmte 
Formengebung noch persönliche Gestaltungs- und 
Entwicklungsmöglichkeiten verbleiben. Wovor man 
sich aber meiner Meinung nach hüten muß, ist, daß 
man aus gelehrtem Anteil oder romantischer Neigung, 
die für den Städter charakteristisch ist, das Geltungs- 
gebiet jener Formen räumlich und zeitlich dahin 
ausdehne, wo ihnen kein wirkliches, echtes Leben 
mehr innewohnen kann, und daß man Äußerlichkeiten 
für die Sache nehme. Auch in unserer Liebe zur 
alten Heimatkunst ist ihr innerster Grund der, daß 
sie Kunst ist, nicht etwa Antiquitätenliebhaberei. So 
wenig wir eine gequälte und grundlose Vermeidung 
jeder Überlieferung in der Formengebung für schöp- 
ferische Kraft halten, ebensowenig gilt uns ein un- 
künstlerisches Werk, wenn es sich nur mit einigen 
überkommenen, bodenständigen Formen bekleidet, 
etwa für eine Betätigung des I-Ieimatschutzes. 
Sicher zeigt sich aber in der gesunden Hoch- 
Schätzung und Verwertung der Volkskunst in der 
Denkmalgestaltung der gleiche Zug nach Einfachheit, 
der uns auch dort so stark begegnet, wo keine innere 
und äußere Bindung an überlieferte Formen nötig 
ist. Auch da aber finden wir diese häufig weitgehend 
angewendet. ' 
Die naheliegende Erinnerung an die große Zeit 
vor hundert Jahren, an die Befreiungskriege des deut- 
schen Volkes, hat die Kriegerdenkmale der klassizi- 
stischen Zeit, der auch sonst die künstlerische Anteil- 
nahme der Gegenwart sich zuwandte, stark in den 
Vordergrund gestellt. Ihre edle, einfache Verwendung 
weniger räumlicher Grundformen (wie Dreieck, Recht- 
eck, Kreis, Pyramide, Prisma, Kugel) begegnete dem 
künstlerischen Gegenwaitsstreben nach sachlicher 
Einfachheit, und so finden wir in unserer Friedhof- 
kunst wie Denkmalkunst eine weitgehende Aufnahme 
klassizistischer Formen bis in Einzelheiten stilistischer 
Ausbildung und dekorativen Beiwerkes antiker Waffen 
und Trophäen, wie sie namentlich die Entwürfe der 
Sonderausstellung der Wiesbadener Gesellschaft für 
Grabmalkunst zeigen. Ich glaube, daß dieser Weg 
wohl vom pomphaften Ungeschmack wegführt, daß 
er aber nicht weiterführen kann zu einem vollen 
Alle 
Figur des heiligen 
Michael, ergänzt von Pro- 
fessor Franz Barwig, in Ver- 
bindung rnit einer Gedenk- 
- tafel als Kriegerdenkmal für 
die Kirche in Edlitz, Nieder- 
österreich, bestimmt 
künstlerischen Ausdrucke unseres Gegenwartsemplindens. Den erzielen wir
	        
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