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ganzen muß man sagen, daß die Hauptentwicklung, so wie sie Falke gesehen wissen will,
klar hervortritt.
Wir können die Arbeit Schulzes, die auf diese Art die Ergebnisse einer bedeutenden
wissenschaftlichen Leistung weiteren Kreisen zugänglich macht, also nur aufs freudigste
begrüßen und ihr auch tatsächliche Verbreitung wünschen.
Sollte es zu einer neuen Auflage kommen, so möchten wir allerdings den einen
Wunsch äußern, daß, abgesehen von Änderungen, welche die Zeit bei allen wissenschaft-
lichen Fragen mit sich bringt, entweder ein neuer Titel für das Werk gewählt werde oder
die Behandlung der Stoffe vom XVII. Jahrhundert an eine wesentliche Ausgestaltung
erfahre. Bei Falkes Werke, das sich grundsätzlich vor allem mit den älteren Stoffen
beschäftigt, ist die Beschränkung auf das Ältere und eine mehr kursorische Behandlung
des Späteren durchaus kein Mangel; das Werk leistet wahrhaft genug. Und es wäre der
Wissenschaft keineswegs gedient, wenn Jemand seine Forschungen über bestimmte Gebiete
immer erst dann veröffentlichen wollte, wenn auch alle angrenzenden Gebiete und Folge-
erscheinungen klargestellt wären.
Anders liegt es natürlich bei einem Leitfaden für Sammler und Liebhaber. Wenn
hier die Erzeugnisse vom XVII. Jahrhundert an nur etwa ein Siebentel des ganzen Buches
einnehmen, so entspricht das durchaus nicht der Bedeutung dieser Zeiten gerade für den
Sammler.
Die Stoffe des ersten Jahrtausends, die in einem für Forscher bestimmten Werke mit
Recht sehr ausführlich behandelt werden (und auch bei Schulze großen Raum einnehmen),
werden dem Sammler kaum je in die Hände kommen; denn sie sind fast alle in Kirchen-
schätzen, Museen usw. festgelegt. Ohne eingehendes Studium von Originalen kann man
hier übrigens auch kaum etwas gewinnen. Ganz anders steht es für den Sammler und
auch für den Liebhaber mit den Erzeugnissen der letzten Jahrhunderte. Wir erinnern
uns, daß vor Jahren ein Kritiker an der bekannten „Illustrierten Geschichte des Kunst-
gewerbes" (Berlin, bei Oldenbourg) getadelt hat, daß die späteren Zeiten darin viel aus-
führlicher behandelt seien als die früheren; aber ist das bei einem auch für breitere Kreise
geschriebenen Werke nicht eigentlich ein Vorzug? Nicht nur, daß das Kunstleben der
letzten Jahrhunderte doch viel reicher war als das der meisten früheren, vor allem sind
aus den letzten Jahrhunderten unendlich viel mehr Gegenstände erhalten und stellen
jedenfalls den Hauptteil dessen dar, was ein Sammler und Liebhaber in die Hand
bekommt. Und bei einem mehr volkstümlichen Werke soll es sich doch vor allem darum
handeln, für die uns umgebenden und erreichbaren Kunstwerke Verständnis zu schaffen.
Was die Textilkunst im Besonderen betrifft, stellen die letzten Jahrhunderte, wie schon
Falke mit Recht hervorhebt, auch keineswegs eine Zeit des Niederganges dar, sondern
umfassen (zum Beispiel im XVIII. Jahrhundert) Zeiten der allerhöchsten Blüte sowohl
in künstlerischer als in technischer Hinsicht.
Hier kommen wir übrigens zu noch einem Punkte, der bei einer Neuauflage gleichfalls
eine Ausgestaltung erfahren möge, das ist nämlich die Erklärung der Techniken, die jetzt
nur so nebenher läuft und nicht immer ganz klar erscheint." Bei einem Leitfaden für
Sammler und Liebhaber erschiene es uns zweckmäßiger, hier weniger vorauszusetzen und
über diese Fragen möglichst anschaulich und im Zusammenhange zu handeln.
Rühmen müssen wir an dem Buche Schulzes außer dem eben gewürdigten gediegenen
Inhalte aber noch die gute Ausstattung, das reiche Abbildungsmaterial (durch Beispiele
aus dem Crefelder Museum ergänzt) und den wirklich sehr mäßigen Preis, der die
erwünschte Verbreitung selbst in unseren schweren Tagen ermöglichen wird.
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für eine bestimmte Anschauung beigebracht worden wären; man vergleiche hierzu Joseph Braun S. J.,
„Stimmen von Maria-Lach", LXXXVIII, Seite 18x H.
" So wird man die Eigenheit der „gotischen" Hoblgewebe nach der Erklärung auf Seite u: vielleicht
unrichtig beurteilen. '