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Volltext: Monatszeitschrift XX (1917 / Heft 3, 4 und 5)

I-Ieyse erschienen und mit den schon früher veröffentlichten Briefen an das Ehepaar Kinkel, 
Willibald Beyschlag, Albert Brenner, Friedrich Nietzsche und das Ehepaar Ribbeck bilden 
sie bereits einen ansehnlichen Codex Epistularum, der demnächst durch diejenigen an 
]ohannes Rieggenbach noch weiter vervollständigt werden wird. Der vorliegende Band 
eröffnet uns in erster Linie neue Einblicke in den Menschen Burckhardt, indem er uns in 
ein intimes Freundschaftsverhältnis einführt, das so wie jenes zu den beiden Kinkel in der 
jünglingszeit begonnen. aber nicht wie dieses früh abgebrochen und abgestorben ist, 
sondern tief in seine Reifezeit hineinreicht und auch im Alter nicht völlig erlischt; er belehrt 
uns ferner über seine Stellung zur schönen Literatur seiner Zeit, über die wir bis jetzt nur 
durch gelegentliche Äußerungen andeutungsweise unterrichtet waren. Den Lesern dieser 
Blätter wird er aber hauptsächlich dadurch interessant sein, daß er Beiträge zur Geschichte 
der Entstehung und Aufnahme seiner „Kultur der Renaissance in Italien", seiner „Ge- 
schichte der Renaissance" und seiner Teilnahme an den späteren Auflagen von Kuglers 
Handbuch der Kunstgeschichte liefert, so wie der Briefwechsel mit Geymüller für sein 
Verhältnis zu denen des „Cicerone" aufschlußreich gewesen ist. 
Von der „Kultur der Renaissance" hören wir zum erstenmal in einem Briefe Burck- 
hardts vom April 1858: „Ich habe meiner neuen hiesigen Stellung (als Professor der 
Geschichte an der Universität und am Pädagogium in Basel) bereits Ein Opfer gebracht: 
mein Werk über die Renaissance bleibt ungeschrieben oder es schrumpft doch zu ein paar 
Aufsätzen zusammen. Die Sammlungen haben mich zwei Jahre hindurch beschäftigt und 
mich mit den schönsten Illusionen erfüllt." Auch im August desselben Jahres spricht er 
von dem „sehr reducierten Plane" des Werkes, von „Renaissance-Fragmenten". Aber daß 
er dabei doch noch daran gedacht hat, die bildende Kunst, die dann bekanntlich völlig 
ausgeschieden wurde, einzubeziehen, ergibt sich aus den folgenden Mitteilungen über 
seine Arbeitsweise: „Gestern habe ich z. B. 700 kleine Zettel nur mit Zitaten aus Vasari, 
die ich in ein Buch zusammengeschrieben hatte, auseinandergeschnitten und sortiert zum 
neuen Aufkleben nach Sachen. Aus anderen Autoren habe ich noch etwa xooo Quartseiten 
Excerpte über die Kunst und zooo über die Kultur." Aber skeptisch setzt er hinzu: „Wie 
viel von all diesem werde ich wohl wirklich verarbeiten?" Dann hören wir nichts bis zur 
Vollendung des Buches, das dann doch viel mehr als eine Sammlung von Fragmenten 
geworden ist: am 16. September 1850 übersendet er es dem Freunde nach München: 
Excipe pacato, Caesar Germanice, vultu 
Hoc opus etc. . . . 
schreibt er dazu, und „d. h. ärgert Euch nicht, ihr Deutschen, wenn ich den Welschen 
einige Prioritäten vindiciere, die ihnen gehören. Ich bin noch ziemlich vorsichtig gewesen 
und habe Einiges weggelassen, was geschrieben stand und anderes in Baumwolle gehüllt, 
doch immer nur, was den Ausdruck belangte, denn die Sachwahrheit habe ich weder 
verhüllt, noch weggestrichen." I-Ieyses Dankbrief verrät die aufrichtigste Bewunderung: 
„ . . . meinen erstaunlichsten dankbarsten Dank für diesen Thesaurus, dessen Gewicht 
mir an so manchem leeren oder leichtfertigen Tage die Seele ins Gleichgewicht gebracht 
hat . . . Im Innersten hat mich die Weite des Blicks, die einzige Frische und Unver- 
frorenheit des Urteils und - was bei meiner Wenigkeit immer stark mitspricht - die 
Anmut Deines Stils - leichtschenklich, rasch, mit Lichtern sparsam und an der rechten 
Stelle mit allen Kunstmitteln zu plastischen Bildern freigebig - vor allem die hohe 
Ironie, die wie ein ätherisches Salz alle Poren durchwittert, wahrhaft bezaubert. Dieses 
ist eines von jenen Büchern, die eben nur Ew. Liebden zu Stande zu bringen vermögen 
und deren Substanz ebensowenig veralten und jemals nach dem Schrank schmecken 
wird, wie die Bücher eines gewissen Gibbon und Consorten und wenn auch ganze 
Bibliotheken von alten Codices neu entdeckt würden. Denn was einmal mit jenem Salze 
gewürzt ist - wie soll es je dumm werden?" Dieses Urteil, so freundschaftlich-über- 
schwenglich es auf den ersten Blick erscheint, hat sich doch im Grund gegenüber den
	        
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