Erzeugnisse gerade der gewerblichen Kleinkunst hatte sie den Zweck, an
besonderen Gedenktagen des Herzensbundes, an Geburtstagen und bei
sonstigen festlichen Gelegenheiten die Huldigung des Spenders in den
möglichst zartsinnigen Darstellungen ihres Dekors anzudeuten.
Ein Vorbote dieser hübschen Sitte aus dem Anfang der 1770er Jahre
ist das wohl für einen Hochzeits-Lendemain gedachte entzückende Tete-a-
tete der Berliner Manufaktur, das im Teezimmer des Potsdamer Stadt-
schlosses aufbewahrt wird. Auf einem aus Rokaillen gebildeten Untersatz
stehen zwischen der Fackel und dem Köcher Amors, von Rosen umgeben,
zwei als flammende Herzen gebildete Tassen, die sich berühren und von
Bändern umwunden sind, deren
Schleifen die Henkel bilden. Das
sinnige Gerät ist mit musizieren-
den Amoretten nach Vorbildern
Abb. 2. Einsatzdeckelrasse mit Silhouetten, Berlin, um 1782 (Keramische Sammlung der königlichen
Porzellanmanufzktur)
von Boucher und anderen Liebessymbolen in eisenroter Malerei und reich
vergoldeten Zieraten geschmückt (Abb. x).
Von einer „empfindsamen Tasse" als besonderer Gattung kann indes
erst gegen Ende der Siebzigerjahre die Rede sein, als die Manufaktur die
in Berlin besonders leidenschaftlich betriebene, durch Lavaters Physiogno-
mische Fragmente heraufbeschworene Silhouettenmode übernahm. Als
Träger des Schattenrisses der verehrten oder geliebten Person, der gerne
von Amoretten umschwebt auf grauem oder lichtgelbem Grund in ovalen, von
Eichenlaub oder Rosengewinden umrahmten Medaillons auf der Obertasse
angebracht wurde, sind diese kleinen Kunstwerke ganz von der Poesie der
empfindsamen Zeit erfüllt (Abb. 2 bis 4). Um das „himmlische Entzücken"
zu ahnen, das sie dem Besitzer vermittelten, muß man die von Musaeus
erzählte köstliche Geschichte von dem Handlungsreisenden lesen, den der
„Physiognomische Reisende" beim Morgenfrühstück in selbstvergessener
„idealischer Konversation" mit dem Schattenbild seiner Eheliebsten auf der
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