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Volltext: Monatszeitschrift XX (1917 / Heft 6, 7 und 8)

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Umbau. Der vornehme, hell abgetönte Mittelsaal ebenso wie die anderen Säle mit weißer, 
teilweise vergoldeter Stuckdekoration und ganz hellen Spannstoffen gaben eine ausge- 
zeichnete Urngebung für die geschickt eingebauten Vitrinen und Bilderwände; auch der 
stärkste moderne Farbenileck war hier ohne Befremdung aufzunehmen. 
Man hatte die Empfindung, daß solche Räume auch dem modernen denkenden 
Künstler Raum zur Betätigung bieten, daß sowohl die moderne Malerei und Plastik als 
auch besonders das moderne Kunstgewerbe - insoweit wirkliche Qualität zur Geltung 
kommt - neben den alten Leistungen bestehen. Schwächlich wirkte auch hier nur die 
Nachahmung der alten. Kunst neben dem echten Zeugnis originellen Empfindens. Die gute 
moderne Arbeit blieb siegreich. Wenn diese Veranstaltung dazu beigetragen hat, die 
schroffe Ablehnung zu mildern, die leider noch so oft der modernen Arbeit entgegensteht, 
und eine Annäherung anzubahnen, die der ganzen Kunstentwicklung so nötig und wichtig 
ist, wird sie außer dem wohltätigen auch einen eminent kunstförderlichen Zweck erfüllt 
haben. 
ACHLASS KARL KÖNIGS. Der Architekt und Professor Hofrat Karl König 
war eine Persönlichkeit von so bestimmter geistiger Prägung, er hat auf eine so große 
Anzahl heranwachsender Architekten anregend gewirkt, daß sein künstlerisches Schaffen 
kaum wichtiger genannt werden kann als der Eindruck, der von ihm selbst im Lehrsaal 
ausging. Wenn nun ein teilweiser Einblick in sein verborgenes Seelenleben, das ja bei dem 
weltfremden, zurückgezogenen und verschlossenen Künstler besonders unzugänglich war, 
durch die Versteigerung seines Nachlasses für kurze Zeit ermöglicht wurde, so mußte 
dieses Ereignis wohl auch als künstlerisches empfunden werden. Eine prächtige Bibliothek 
zeigte den verständigen und geschmackvollen Bücherliebhaber, der alten Ausgaben von 
künstlerischer Ausstattung und besonders der älteren Buchkunst ein großes Interesse zu- 
wendete, das über den Kreis seines Faches hinausging. Eine schöne Sammlung von Hand- 
zeichnungen, Bildern und kunstgewerblichen Gegenständen ließ erkennen, wie nahe dem 
Künstler die Werke alter Kunst standen. Das Sammeln ist oh ein Auskunftsmittel, das vorn 
Bedürfnis nach künstlerischen Genüssen ausgeht und von dem Mangel an Befriedigung 
im Verkehr mit der nächsten Umgebung und mit den Zeitströmungen überhaupt ge- 
fördert wird. 
König war ein besonderer Verehrer alter italienischer Kunst (der Antike wie der 
Renaissance) und späterer französischer (der Barockzeit). Seine Abneigung gegenüber vielen 
neueren Kunstströmungen und -anschauungen fand in der intensiveren Beschäftigung 
mit der Vergangenheit um so mehr Nahrung, als ihn gerade die vollendeten und aus- 
gereiften Epochen mehr interessierten als die primitiven und gärenden; die vornehmen, 
prunkvollen und reichen Werke lebhafter beschäftigten als die naiven, volkstümlichen. 
Wenn trotzdem einige feine frühe Arbeiten aus Siena, aus Südfrankreich in der Sammlung 
zu linden waren, so bildeten sie doch räumlich und numerisch ebenso die Minderheit 
wie jene Leistungen aus dem Beginn des XIX. Jahrhunderts, die der Kunstanschauung des 
Architekten noch fremder zu sein schienen. Immerhin hat seine große Liebe für Präzision 
und Feinheit, seine eigene Meisterschaft auf dem Gebiete der zeichnerischen Darstellung 
den Künstler auch anderen Epochen nähergebracht; gerade diese Neigung fand in der 
Sammlung von Aquarellen und Handzeichnungen ihren Ausdruck, die sehr interessante 
Blätter enthielt. 
Wenn auch sein künstlerisches Empfinden der Gegenwart abgewendet blieb, so 
stand sein formales Können der Tradition wieder so nahe, daß seine künstlerische Hand- 
schrift jedem Genuß gewährte, der nicht ganz von Programmen unempfanglich gemacht 
wurde. 
In einer solchen Sammlung erkennt man viel von den inneren Vorgängen in der 
Seele des Besitzers, wenn ihm auch keine großen Mittel die unbeschränkte Auswahl 
ermöglichten und der Zufall manchen Einfluß übte.
	        
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