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Ruschens sei, wie wir weiter hören, das Bandmachen auf I-Iandstühlen so
erstarkt, daß man es „als eine gemeine jedermann gestattete Arbeit" erklären
konnte, wodurch zahllose sonst unbeschäftigte Leute ihr Brot gefunden
hätten." '
Zwei Eigenschaften sehen sich bei Rusche vereinigt: einerseits hand-
werksmäßige Geschicklichkeit und Erfindungskraft, anderseits künstlerische
Begabung und Fertigkeit. Denn das ist einer der wichtigsten Punkte: es
handelt sich hier um ein wirkliches Kunstgewerbe, bei dem nur durch
die Vereinigung von Technik und Kunst wahrhafte Erfolge erzielt werden
konnten; es ist nicht eine Tätigkeit, bei der bloß mechanisches I-Iinarbeiten
und Aufmerksamkeit genügen, wie etwa bei der Erzeugung glatter Arbeiten
auf Mühlstühlen. Diese konnte man, wie wir sehen werden, auch ruhig als
ländlichen Nebenerwerb betreiben. Hier handelt es sich um beschränktere
Mengen, denen aber durch stetes Neuerfinden und Wandeln auf Grund
genauer Kenntnis der Ausführungsmöglichkeiten und durch künstlerisches
Können stets neuer Reiz zu erteilen war. Der Bandweber mußte daher
auch künstlerisch durchgebildet sein."
Wir haben schon bei unserer Besprechung der Wiener Seidenweberei
im Jahrgange 1915 dieser Zeitschrift auf die Bedeutung der im ]ahre 1758
eröffneten und später der k. k. Akademie angegliederten „Dessinateurschule"
für das Wiener Kunstgewerbe gesprochen.
Einige Beispiele sollen uns zeigen, wie man auf die Ausbildung im
Zeichnen auch in der Bandweberei Gewicht gelegt hat, und wie technisches
und künstlerisches Können als unbedingt zusammengehörig angesehen wurden.
So erfahren wir aus dem ]ahre 1765 aus einem Gesuch des Bandmacher-
gesellen Matthias Baumgartmayer um Erlangung des (Bürger- und) Meister-
rechts, daß der zu Prüfende nach einer selbst gezeichneten Patrone den
Stuhl selbst herrichten und selbst darauf ein Muster verfertigen mußteß":
Besonders wichtig ist für uns aber, was von dem genannten Gesellen weiter
gesagt wird: „In Anbetracht nun, daß obschon der Supplicant ein guter
Arbeiter auf einem schon vorgerichteten Stuhl seyn möge, auch in der Zeich-
nung bey der Zeichnungs-Schul sich ziemlich gut angewendet hat, gleichwohl
aber annoch die Einrichtung der Stuhlen, als auf welche es bey einem
Bandmacher hauptsächlich ankommet, die genugsame Erfahrung nicht
" Wir wollen noch eine bemerkenswerte Stelle aus dem Schlusse des „Gutachtens" hierhersetzen, daß
„es sicher unstreitig weit glücklicher ist, wenn so ein bereicherter Mann nur solche eine Gnade zu seiner
Belohnung ansucht, dabey Heissig und erwerbsam zu sein nicht aufhört, und seine Familie bey dem biirgl.
guten Erwerbe forterhält. als wenn er um die Erhebung in den Adelstand anhält. und gemeiniglich auf diese
Art sein Vermögen jener iirkulation früh oder spät entzieht . . 1'
i" Aus dem, was über Rusche urkundlich bezeugt ist, geht auch hervor, daß die Ansprüche eines gewissen
Glashlitter, der im jahre 1763 aus der Schweiz nach Wien gekommen war und der erste gewesen sein wollte,
der in Wien „Figurenhändew hergestellt hätte, offenbar unberechtigt sind; er ist übrigens schon seinerzeit,
als er darauf ein Verlangen zu gründen suchte, zurückgewiesen worden (siehe 43 ex Septembri 808); es
hätten die Gründe aber noch erweitert werden können. Wir erwähnen dies, weil der zufällige Fund dieser oder
einer iihnlichen (besonders einer unvollständigen) Nachricht einem Unbefangenen sonst leicht als große
Entdeckung erscheinen könnte.
"F" Bericht des Commercien-Consess an die Kaiserin (vom xz. Sept. 765).