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Volltext: Erläuterungen zur Ausstellung alter Möbel im Oesterreichischen Museum

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lassen aber drei ganz verschiedene und charakteristische Arten erkennen, 
verschieden nach ihrer Decorationsweise wie nach ihrer Herkunft. 
In dem gothischen Möbel pflegte das constructive oder architekto 
nische Element vor dem plastischen vorzuherrschen. Die Trockenheit des 
ersteren zu mindern, wurde dann gern mit Farbe ein malerischer Effect 
hinzugefügt. Die meisten gothischen Möbel sind daher flach in den Pro 
filen und ganz ohne vortretendes Gesims, an dessen Stelle sie festungs 
artig eine Zinnenkrönung tragen oder auch eine durchbrochene Masswerk- 
galerie. Das Ornament hält sich daher auch nach Möglichkeit in der Fläche 
und erhebt sich nur in gewisser und beschränkter Stufenfolge zum Relief. 
Diese Stufenfolge lässt sich in den angedeuteten drei Arten ganz gut 
erkennen. 
Die erste Stufe beginnt mit einem ganz flachen Ornament, das 
eigentlich gar kein Relief hat, gar nicht auf Licht und Schatten berechnet 
ist. Es sind Ornamente, meist laubig in den bekannten Formen der 
Gothik, die wie eine Contourzeichnung gar nicht aus der glatten Fläche 
des Brettes heraustreten und nur dadurch sich abheben, dass der Grund 
ein wenig ausgestochen und einfach, gewöhnlich in Blau oder Roth, ge 
färbt ist. Es gehört zu diesen Arbeiten, wenn anders sie einigermassen 
auf Kunst und Reichthum Anspruch erheben, ein reicher Eisenbeschlag, 
der mit Bändern, Schloss, Handgriffen und Beschlägen den malerischen 
Effect erhöht, indem das Eisen in seiner gewohnten Verzinnung silbern 
glänzend und durchbrochen gehalten auf rother oder blauer Unterlage an 
gebracht ist. Die Heimat dieser gothischen Möbel ist vorzüglich Salz 
burg und Ober- und Nieder-Baiern. 
Das Museum besitzt ein wohlerhaltenes Prachtstück dieser Art mit 
dem reichsten und feinsten Eisenbeschlag, das Geschenk einer bairischen 
Herzogin an das Kloster Altomünster aus dem Ende des fünfzehnten Jahr 
hunderts, indess befindet es sich unten im gewöhnlichen Möbelsaal und 
nicht in jenen Räumen, welche der in Rede stehenden Special-Ausstellung 
gewidmet sind. Doch auch diese hat einige Beispiele, und zwar in einem 
grossen Kasten und in einem Tische, beides Eigenthum des Antiquars 
Pollak in Salzburg (Nr. 23 und 21 des Katalogs). Der Kasten ist aller 
dings minder fein als der des Museums und sein Eisenbeschläge, weit 
späteren Datums, gehört ihm nicht, doch ist das Stück immerhin charak 
teristisch. Dasselbe gilt von dem Tisch, einem Möbel, das um so inter 
essanter ist, weil man es seltener findet als den Kasten. Das grelle Ultra 
marin, mit welchem die Gründe zwischen dem Ornament ausgefüllt wor 
den, ist allerdings eine kleine Barbarei. Ein echtes gothisches Möbel ist 
niemals mit Ultramarin bemalt gewesen, weil diese Farbe für die grosse 
Fläche damals viel zu theuer war. 
Als die zweite Art oder Stufe würden wir diejenigen Möbel betrach 
ten, welche mit dem architektonischen Masswerk verziert sind. Auch das 
ist kein eigentliches Relief, da es sich nicht frei aus der Ebene herausbe-
	        
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