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Volltext: Monatszeitschrift XXI (1918 / Heft 8, 9 und 10)

weniger gegliedert sind, ist einfach durch die Tatsache eines Umbaues zu 
erklären, da bei einem solchen sowohl die Höhe der Geschosse als die 
allgemeine Grundrißeinteilung festgelegt waren. Wir können uns sehr wohl 
vorstellen, wie man beim Betrachten verschiedener, vom Künstler vor- 
gelegter Arbeiten sehr bald erkannt haben mag, daß eine ähnliche Lösung 
wie auf dem vorliegenden Blatte für den Wiener Bau sich fast von selbst 
ergäbe, und daß es dem Künstler dann eigentlich nur mehr oblag, den 
Gedanken den neuen Verhältnissen entsprechend abzuwandeln. Anders als 
von Bau zu Bau, von Werk zu Werk ist die alte Kunst, wie jede gesunde 
Entwicklung, ja niemals vorgeschritten. 
Wir wollen damit aber durchaus nicht sagen, daß Quarenghi nun 
die Erneuerung des ganzen Baues selbst durchgeführt habe; dazu hatte 
er bei seiner Durchreise durch Wien sicherlich nicht Zeit genug. Ja er mag 
nicht einmal die Entwürfe für das Ganze näher durchgeführt, sondern nur 
die allgemeinen Richtlinien angegeben und zur weiteren Ausgestaltung in 
seinem Sinn eben seine Zeichnungen zurückgelassen haben. Es ist auch 
nicht ausgeschlossen, daß er schon früher solche geschickt habe; denn von 
früheren Beziehungen des Künstlers zur Erzherzogin haben wir ja schon 
gehört, und die Ähnlichkeit zwischen der Wiener und der Petersburger 
Fassade kann wohl niemand leugnen. Vielleicht geht seine Tätigkeit aber auch 
weiter, als wir hier annehmen. Jedenfalls herrscht in dem Baue sein Geist. 
Es gilt dies sogar von mehr Innenräumen, als bloß von dem Speise- 
saale, der in seiner heutigen Gestaltung als Festsaal dient. So entsprechen 
das Stiegenhaus (mit Mäander und laufendem Hund in den Simsen) und die 
Kapelle ganz seiner Richtung. ja, die Kapelle ist besonders bemerkenswert 
durch ihre halbkreisförmige, nur gegen die gerade Eingangsseite etwas 
verlängerte, Grundgestalt; die Halbkuppel mit Oberlicht, die Pilaster, der 
laufende Hund und anderes lassen sich wieder ganz in Quarenghis Richtung 
einreihen." 
Auch andere Räume, wie der heutige Warteraum vor dem Zimmer des 
Ministers und der untere Vorraum der Stiege, gehen mit Quarenghis Art 
zusammen." 
Die reichsten Räume sind das sogenannte Oktogon (das sich für uns 
aber wegen der damaligen Lichtverhältnisse einer genaueren Besichtigung 
" Herr Oberrechnungsrat Gustav Christ, dem die Verwaltung des Gebäudes obliegt, war so gütig, dem 
Verfasser wenigstens eine oberdäcbliche Besichtigung der sonst öEentlich nicht zugänglichen Räume zu 
ermöglichen, wofür ihm hiermit bestens gedankt sei. 
m" Wir bemerken hier, daß die Eichengewinde mit gekreuzten Bändern, die sich im Wartesaal um die 
großen Bilder finden, im unteren Vorraum wiederkehren, so daß man es offenbar mit einem ursprünglichen 
Motive zu tun hat, nicht mit einer späteren Umgestaltung, wie es bei den Bildern zuerst scheinen mag; der 
innerste Goldstab ist aber wohl neu. 
Alt sind wohl auch die drei Figuren im Stiegenhause und die Kandelaber, sowie die Kandelaber im 
großen Saale; nur sind hier die Postamente zu bezweifeln. Vielleicht standen diese Kandelaber ursprünglich 
anderswo. 
Über die beiden großen Bilder im Empfangsraum (Ansicht des Modena-Palastes auf der Landstraße und 
Ansicht der Villa Este in Tivoli) siehe Englmann im Monatsblatte, a. s. 0., Seite 253. Die Ansicht des Moden:- 
Palastes ist in dem, gleichfalls bereits erwähnten, Neudrucke des Aufsatzes im Wiener Kalender für das jahr xgr 8 
zu finden.
	        
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