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Volltext: Monatszeitschrift XXI (1918 / Heft 8, 9 und 10)

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der Architekten und dem Wollen der Bauherren schwebte; wo es erste Bedingung eines 
Gebäudes war, daß es sich in die Umgebung raumbildend einfügte, daß es schöne Pro- 
portionen besaß und vor allem, daß es seinen Charakter in seinen Formen ausprägte. 
Denn das in erster Linie ist das Charakteristikum der sogenannten klassizistischen 
Baukunst, und nicht die Nachahmung klassischer Formen in mehr oder minder ausgeprägter 
Reinheit. Die Bauformen der Griechen und Römer waren seit Albertis Zeit, fast vier Jahr- 
hunderte lang, das immer neu befolgte Muster für die Architekten aller Länder gewesen; 
und dennoch hatte die Entwicklung einen so differenzierten Gang genommen, von Bramante 
bis zu Fischer von Erlach, bis zu Percier und Schinkel. Die Gesinnung schafft den Stil: und 
der jener klaren kühl denkenden Männer vorn Ende des XVIII. Jahrhunderts fühlen wir die 
unsrige nahe verwandt. Auch wir stehen in einer Opposition gegen ein Zuviel von Bewegung 
und Pathos, das uns die Rauschkunst vom Ende des XIX. Jahrhunderts gründlich verleidet 
hat; auch wir wünschen Großräumigkeit und Charakter in der Architektur unserer Städte. 
Fabriken und Landhäuser ausgedrückt und streben nach einer Einheit höherer Ordnung, 
wie sie jener letzten Phase der großen Stadtbaukunst des XVIII. Jahrhunderts noch im Blute 
steckte. 
Es ist ganz erstaunlich und versteht sich doch eigentlich von selbst, wie verwandt 
sich moderne Dinge mit dem berühren, was uns das vorliegende Werk in großer Fülle 
ausbreitet. Wie Zimmer von Paretz - 
und Freienwalde an E. R. Weiß, 
Schultze-Naumburg und andere 
denken lassen; und wie wir in Tes- 
senow einen Baumeister besitzen, 
der sich ebenbürtig neben das Genie 
der Sachlichkeit, neben David Gilly 
den Vater, stellt. 
Das schöne und gewichtige 
Buch von Hermann Schmitz über 
die Baukunst der Zeit um r8oo' 
beschränkt sich freilich auf die Ar- 
chitektur Berlins von Knobelsdorii" 
bis Schinkel und Titel und auf die, 
welche sich ihnen räumlich und 
stilistisch aufs engste anschließen, 
wie etwa Krahe in Braunschweig 
und Koblenz. Aber es gibt doch 
eben darum ein äußerst glück- 
liches und geschlossenes Bild jener 
Epoche, weil die Berliner Baukunst 
sehr typisch ist für jene Zeit, die 
wir mit dem französischen Kunst- 
begriff Empire am besten zu um- 
schreiben glauben, und die trotz 
aller und wiederholter Einflüsse 
von Paris her so deutsch, so 
spezifisch preullisch ist, daß man 
eine besondere Bezeichnung für 
sie erfinden müßte. Dieses Boden- 
V "' Hermann Schmitz, Berliner Bau- 
meister vom Ausgang des 18. Jahrhunderts. 
Mit 386 Abbildungen. Berlin, Verlag flr FarbigesÄrmelleibchen mit schwarz-weißer Schnurstickerei, aus 
Kunstwissenschaft. Tirana (Österr. Museum)
	        
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