reizenden, mit großer Geschicklichkeit ausgedachten Kreuzgestell, das mit
angebrachten Cherubsköpfeni" gegliedert wird (F01. n, Abb. 5). Der Meister
hat sich selbst das Ziel gesteckt, wenn er die Zeichnung mit der Beischrift
„che il lavoro sia trasforatto et arioso" versah, und das angedeutete
Programm" ist auch zum guten Teil erfüllt, wenn auch offensichtlich nicht
in dem Maße, wie ein weniger konservativer Künstler - man denke etwa
an Serpotta - diese Vorschrift aufgefaßt und befolgt hätte. Denn die mittels
Unterschneidungen und Durchbrechungen geschaffene Grazie, das malerische
und luftige Gepräge dieses Werkes können uns doch nicht darüber hinweg-
täuschen, daß selbst hier die Elemente der „altertiimlichen" Werke nicht,
ohne sich zu verraten, weggebannt wurden; einzelne Härten, die jede Bei-
behaltung von Symmetrie und Achsengleichmäßigkeit - sofern nicht Monu-
mentalität erzielt werden soll - bedingen, die mangelnde Schmiegsamkeit
der Übergänge (in denen störende Winkel und nicht völlig verschmolzene
Übergänge auftauchen) scheinen noch nicht ohneweiters ausgeglichen. Die
Auflösung der Materie hat noch nicht jene Steigerung erfahren, in der die
allgemeine Nachgiebigkeit der Formen alle dagegenstehenden Schwierig-
keiten aufhob. Übrigens dürfen, solange man die Chronologie des Schaffens
Andreas nicht einwandfrei vor Augen hat, aus solchen (stilistischen)
Verschiedenheiten nicht immer und ohneweiters Schlüsse gezogen werden,
die eine aufeinanderfolgende Einreihung der Werke vertreten möchten.
Denn soviel Wahrscheinlichkeit für so gesehene (und an sich richtig
gedeutete) Wahrnehmungen auch bestehen möge, die Einsicht muß hier
zurückhaltend wirken und vorschnelle Urteile zu hemmen suchen. Auf der
Rückseite des besprochenen Altarentwurfes (Abb. 4) Findet sich der Vermerk
„alto sino a.l angioleto, che tiene la croce, piedi 6, largo piedi 4. Il suo premio
ultimo dü (Ducati) 180". Woraus sich zu ergeben scheint, daß Andrea diese
Zeichnungen als Musterblätter dem Besteller vorzulegen oder einzusenden
pflegte, als Vorskizze für ein auszuführendes Werk, dessen tatsächliche Voll-
endung deswegen nicht eigentlich gesichert ist. Die Besteller aber, deren
Wünschen Brustolon sich zum guten Teil wohl fügen mußte, vertraten ver-
schiedene Kulturstufen. Die Festlegung des Programmes und das Aussehen
des bestellten Kunstgegenstandes hingen davon ab, ob die Auftraggeber die
vornehmen Adeligen der nahen und kunstreichen Lagunenstadt waren oder
ob die Bestellung von dem Begehren konservativer Kirchenvater und
Gemeindevorsteher der ärmlichen Ortschaften des Belluneser Dolomiten-
gebietes bestimmt war.
Der aus Ebenholz und Buchsbaum gefertigte Reliquienbehälter, dessen
Entwurf die folgende Zeichnung (F01. 33) vorführt, ist noch nachweisbar
(Abb. 6 bis 8). Das ungemein prächtige Stück befand sich bis zum jahre 1877
in der Sammlung Demidoff im Palazzo San Donato zu Florenz, die in diesem
4' Vgl. das anmutige Gipsrelief in der Sammlung Agosti zu Belluno (abgebildet bei Protti, a. a. 0.).
"' Es verschlägt nicht, daß diese Worte wahrscheinlich als Anweisung für Gehilfen dienen sollten; die
ihnen innewohnende Absicht genügt, um uns über das Ziel des Meisters zu unterrichten.