„Allschon vor dreißig Jahren [also um 1732 herum] warr man bemühet,
die seidene Band-Fabrique alhier einzuführen, weilen diese Waaren sehr
vieles Geld außer Land gezogen, und einen wichtigen Sprossen der Seiden-
Manufactur ausmachet.
In solcher Absicht behandelte man verschiedene Fabricanten aus
Sachsen, welche es nach und nach so weit gebracht, daß nunmehro mit
denen schwehr saidenen sowohl glatt- als Brochirt- gewasserten und reichen
Bändern nicht nur die Erbländer genüglich versehen werden, sondern auch
ein guter T heil in fremde Länder gehet, und also darinnen nichts mehr zu
verbessern ist."
Es wird dann weiter ausgeführt, daß man sich nun vor allem mit der
Erzeugung der einfacheren Sorten, die aus der Schweiz in großen Mengen
eingeführt würden, zu beschäftigen habe.
Doch diese Frage soll uns erst später beschäftigen; für uns ist zunächst
die Feststellung von Bedeutung, daß die Verbesserungen in der Erzeugung
der reicheren Bandsorten auf sächsische Einwirkungen zurückzuführen
sind, was uns bei dem hohen Stande der Annaberger und der sonstigen
sächsischen Posamenten- und Banderzeugung auch nicht verwundem kann.
Wie weit dieser sächsische EinHuß über das rein Technische hinausging,
können wir einstweilen allerdings noch nicht überblicken.
Wir müssen aber wohl annehmen, daß, dem allgemeinen Geschmacke
der Zeit entsprechend, die älteren Bänder meist schwererer Art waren; in
Österreich insbesondere reicht die Barockkunst mit ihrer Neigung zu stärke-
ren Formen und Farben ja bis weit in die Zeit der Kaiserin Maria Theresia
hinein, wenn sich in Einzelheiten auch schon Rokokoanklänge zeigen
mögen. Die leichteren Bänder (Modebänder), die mehr dem neueren und
rascher wechselnden Geschmacke folgten, drangen natürlich auch ein,
schon weil die Damenkleidung, die nie so konservativ war, nach ihnen ver-
langte. Doch war man hierin, wie wir gleich sehen werden, zunächst auf
die Einfuhr aus Frankreich angewiesen.
Als „Vater der sogenannten Modebandmanufaktur" in Österreich ist,
wie wir bereits erwähnt haben, Franz Rusche anzusehen. Diese ehrenvolle
Bezeichnung ist ihm übrigens schon im Jahre 1795 durch die nieder-
österreichische „Fabrikeninspection" beigelegt worden.
Aus einem Referate zur Ratssitzung der niederösterreichischen
Regierung vom 21. August 1795" erfahren wir, daß Rusche (oder Rusch)"
die Erzeugung der „neu fassionierten, ganz und halbreichen, geüammten
und schattierten Bänder, womit Frankreich ausschließend prangte, .
eingeleitet, dann durch rastlose Bemühung und vermittelst der in dem
Fache der Bandarbeit auf einfachen, oder sogenannten Posamentierer-
Stühlen sich erworbenen ausgezeichneten Geschicklichkeit, der Zeichnungs-
" 3x ex Augusxo 795.
H Er unterschreibt ein beiliegendes Gesuch: „Franz Rusche goldreicher und Seidenbandfabriknnl - des
äußeren Raths und Hauptmann der Bürger-Militz."