DIE NEUAUFSTELLUN__G DER SAMMLUNG
DER KLEINPLASTIK IM OSTERREICHISCHEN
MUSEUM 50' VON AUGUST SCHESTAG-WIEN
"C N der letzten Zeit wurden die Werke der Klein-
plastik neu geordnet im ersten Stockwerk des
Museums (Saal IX) dem Besuche wieder eröffnet.
Bei der Tür beginnend, haben die Arbeiten
deutscher Herkunft an der Fensterwand in chrono-
logischer Reihe ihren Platz gefunden, des Lichtes
wegen sind die Sammlungen der Wachsfiguren
und Elfenbeinarbeiten an die Rückwand gestellt
und am Ende des Saales die Stücke, die aus
fremden Ländern stammen, zur Ausstellung ge-
bracht. Größere Werke stehen frei auf Sockeln in der Nähe der Vitrinen, in
denen die historisch zugehörenden Gegenstände untergebracht sind.
Im folgenden sollen die wichtigsten Arbeiten aus Holz, Kelheimerstein,
Marmor und Terrakotta besprochen werden, sowie einige Bleigüsse, die jetzt
provisorisch hinter dem großen Saale in einigen Zimmern bis zur Neu-
ordnung der gesamten Metallplastik aufgestellt sind. Die einzelnen Gegen-
stände werden, bis auf die Bleigüsse, die zum Schlusse folgen, der Zeit ihrer
historischen Entstehung nach behandelt. Die ältesten Stücke stammen aus
der gotischen Kunstepoche. Es sind das zwei Figuren, Maria und Johannes,
aus Kelheimerstein, bemalt, deutscher Herkunft, der Kopf eines Heiligen
der Brüsseler Schule, aus Holz geschnitzt, ehemals farbig, jetzt braun
bemalt, und die Reste der Figur eines Gekreuzigten, ebenfalls aus Holz
geschnitzt, eine spanische Arbeit.
Maria und Johannes (Abb. I und 2) stammen von einer Kreuzigungs-
gruppe, sind aus Kelheimerstein geschnitten und bemalt, teilweise vergoldet.
Die Madonna ist stehend dargestellt, hat den Kopf etwas zur Seite geneigt
und die linke Hand auf die Brust gelegt, mit der Rechten faßt sie den
Mantel, um ihn emporzuraffen. Das Gesicht ist zart in der Modellierung und
Bemalung, der Mund klein und rot, die Augen und Augenbrauen von brauner
Farbe. Die Haare sind vergoldet, der Kopf ist von einem Tuche verhüllt, das
am Rande gewellte Säume trägt und über die Schulter geworfen in langen
Falten herabfällt. Sie hat ein gegürtetes Kleid, über das der Mantel in
mächtigen Falten herabwallt. Die Hände sind sehr kräftig gebildet mit
langen Fingern, die graue Farbe der Gewandung läßt an einigen Stellen die
rote Untermalung sehen. Der heilige Johannes, ebenfalls stehend, ringt die
Hände im Schmerze und wendet den Kopf aufwärts. Sein langes gewelltes
Haar, das über den Nacken herabfällt, ist vergoldet, das Gesicht stark
gerötet und auch bei dieser Figur sieht man an dem Rande des grauen
Gewandes, der abgerieben ist, den roten Grund. Dem Typus der Gesichter