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Volltext: Monatszeitschrift XXII (1919 / Heft 3, 4 und 5)

breit, 53 Zentimeter hoch). Der „Genius Bornii" ist ein Denkmal zu Ehren des 
berühmten Naturforschers Ignaz von Born, eines Führers der Freimaurer. 
Ende des Jahres 1784 war Zauner Mitglied einer Freimaurerloge geworden, 
deren Orden in den Achtzigerjahren in Österreich der Sammelpunkt der 
vornehmen Gesellschaftskreise war. Zauner gehörte der Loge „zur wahren 
Eintracht" an, die sich im Jahre 1785 auflöste und sich als Loge „zur 
Wahrheit" neu konstituierte. Meister vom Stuhl war Ignaz von Born und 
Zauner Bruder der Loge. Das Denkmal, 82 Zentimeter hoch, zeigt einen ge- 
Hügelten Genius, der in der rechten Hand eine nackte weibliche Statuette 
(wohl die Göttin des Lichtes, wie H. Burg meint) trägt, während die Linke 
eine Eule, das Sinnbild der Finsternis," an einer Kette gefesselt hält. Auf 
einem Blocke ruhen die Symbole des Freimaurertums. Das Werk ist ein 
bronzierter Gipsabguß und kaum in einem anderen Material ausgeführt 
worden. Als Aufschrift lesen wir an der Vorderseite des Postamentes die 
Widmung: „Genio Bornii" (dem Genius Borns), an der Seite: B. Zauner 
fecit. Da Zauner Franz Anton geheißen hat, so ist das B. wohl als „Bruder" 
zu lesen, als der er in der Loge bezeichnet wurde, die wahrscheinlich dieses 
Werk als Verherrlichung ihres Meisters vom Stuhl bei dem Logenbruder 
Zauner bestellte. In der Bildung der Form lehnt sich Zauner stark an die 
Antike an: er verwendet ein Praxitelisches Vorbild, den Eros, den er leicht 
verändert. Durch die Drehung des Kopfes nach links und durch stärkere 
Betonung der Hüftlinie verleiht er seiner Gestalt einen größeren Be- 
wegungsreiz. 
Burg sagt bei der Besprechung der Wiederaufnahme der klassischen 
Vorbilder der Antike im Klassizismus, daß der Genius Zauners seine künst- 
lerische Bedeutung durch eine vollendete Durcharbeitung des Fleisches und 
Knochengerüstes erhält, die Formen des Körpers sind nicht nur aus der 
Antike kopiert, sondern in ihrem Sinne noch einmal nachgeschaffen. 
Die beiden Tonmodelle für das Palais Fries verdanken ihre Entstehung 
dem Architekten I-Iohenberg, der vom Grafen Johann Fries den Auftrag 
erhalten hatte, auf dem im Jahre 1782 gekauften Grunde des damals auf- 
gehobenen Königsklosters (gegenüber der Hofbibliothek) einen Palast auf- 
zuführen. Hohenberg, der Direktor der Architekturschule der Akademie war, 
gab dem als Bildhauer hochangesehenen Professor Zauner die Aufgabe, 
den plastischen Schmuck des Palais zu entwerfen. Es wurde ihm auf- 
getragen, die Sinnbilder von „Commerz und Freyheyt" zu schaffen. Der 
Handel war durch Merkur dargestellt, mit Flügelhut und Schildkröte, in 
den Händen Flügelstab und Geldbeutel. Die Freiheit, eine weibliche Figur, 
mit einem Hute in der Rechten, in der Linken ein Zepter mit Kugel 
und Adler. Als das Palais seinen Besitzer wechselte, mögen diese An- 
spielungen auf den Beruf der ehemaligen Bewohner nicht gefallen haben, 
der Merkur wurde in einen Apollo mit Lorbeerkranz und Leier verwandelt, 
der Freiheit wurden Hut und Zepter genommen, sie hält jetzt in der Linken 
eine Tuba.
	        
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