Nr. 2
INTERNATIONALE SAMMLER-ZEITUNG
Seite 15
An unsere p. t. Bezieher in Deutschland!
Wir ersuchen unsere p. t. Bezieher in Deutschland das Abonnement pro 193S bei ihrem
nächsten Postamt erneuern zu wollen.
Die Verwaltung-
der
„Internationalen Sammler-Zeitung“
Rückschau
Zu unserer Rundfrage über die Gestaltung des
Kunstmarkts im abgelaufenen Jahre ist uns noch eine
Zuschrift des Generaldirektors des Dorotheums in
Wien, Herrn Dr. Felix Gunkel zugekommen, die
wir hier folgen lassen. Herr
Generaldirektor Dr. Gunkel
schreibt uns: „Auf dem Kunstmarkt war ein leiser
Aufschwung zu beobachten, der auf die erhöhte Nach
frage nach den immer seltener werdenden guten Ob
jekten und auf eine wieder erstarkende Sammlertätig
keit zurückzuführen sein dürfte. So war es möglich,
bessere Preise zu erzielen und trotz der sich besonders
auf dem Kunstmarkt hemmend auswirkenden Devi
senschranken auch höherwertige Kunstobjekte an den
Mann zu bringen. Insbesondere war auch größeres
Interesse für alte Gemälde und mittelalterliche Pia
stiken wahrzunehmen.“
Sehr interessant ist auch ein Interview, das ein
Redakteur der „Reichspost“ in Wien mit dem Ge
neraldirektor der Nationalbibliothek in Wien, Präsi
dent des Bundeskulturrates Hofrat Dr. Josef Bick
hatte. Befragt, wie sich gegenwärtig- die Lage des
antiquarischen Büchermarktes zeige, erklärte Herr
Generaldirektor Dr. Bick:
Die Lage des antiquarischen Marktes für Hand
schriften und Bücher aus dem tj. bis 18. Jahrhun
dert, also aus jenen Zeiten, deren Buchprodukte meist
weniger wegen ihres Inhaltes, als wegen ihrer Bedeu
tung für die Geschichte der Kunst, des Buchdruckes
und der Buchillustrationen gesammelt werden, ist ge
genwärtig eine so gedrückte, wie es seit langem nicht
der Fall war. Etwas besser ist die Lage auf dem
Handschriftenmarkt, doch werden auch hier nicht
mehr jene Preise erzielt, die man noch vor einem
Jahrzehnt erreichen konnte.
Die Ursachen sind verschiedene. Maßgebend ist
zunächst, daß die öffentlichen Sammlungen und Bi
bliotheken in allen Staaten infolge ihrer finan
ziellen Not in der Regel nicht mehr über solche
Beträge verfügen, daß sie außer der Erwerbung der
wichtigsten laufenden Neuerscheinungen des Buch
marktes auch noch an größere antiquarische Käufe
denken können. So kommen denn für den Anti
quariatsmarkt in erster Linie private Sammler in Be
tracht. Nun ist aber der Kreis der Sammler, welche
solche an sich teure Bücher zu erwerben wünschen,
heute kein allzu großer, denn das Sammeln von
Handschriften, Inkunabeln und anderen frühen und
älteren Drucken, bietet bei weitem nicht die Gelegen
heit, den eigenen wertvollen Kunstbesitz in leicht
faßlicher prunkvoller Art vor Augen führen zu kön
nen, wie dies etwa beim Sammeln von Gemälden,
Plastiken oder industriellen Gegenständen früherer
Jahrhunderte möglich ist. So kommt es, daß in vie
len Fällen Handschriften und Bücher höheren Alters
nur von solchen Persönlichkeiten gesammelt wer
den, die über ihren Kunstbesitz an Gemälden und
auf 193T.
Plastiken hinaus finanziell noch in der Lage sind,
für ein Lesepult aus der Renaissancezeit oder einen
Bücherschrank des Barocks kostbare Bücher anzu
schaffen. Anderseits ist die Zahl der Sammler, die
alte Werke als Kenner der Buchmalerei, der Buch-
und Druckgeschichte um ihrer selbst willen sammeln,
zu allen Zeiten keine große gewesen und wird heute
von Jahr zu Jahr kleiner; die finanzielle Not und
eine viel materiellere Einstellung der Menschen un
serer Zeit läßt den Abgang ideal gesinnter Sammler
durch den Tod sehr fühlbar werden.
Auf die Bemerkung des Interviewers, daß die
„Masse der auf Auktionen zur Versteigerung gelangenden
und in den Antiquariatskatalogen verzeichneten Hand
schriften und alten Bücher, jetzt weit größer sei, als
früher, erwiderte Dr. Bick:
Gewiß ist das richtig, aber gerade diese Tat
sache drückt den Büchermarkt so sehr. Wie ich
schon sagte, schalten die öffentlichen Bibliotheken
vielfach aus und die Zahl der privaten Sammler
ist kleiner geworden. Ihnen gegenüber steht das
größere Angebot, das sich daraus ergibt, daß früher
Büchersammlungen nach dem Tode der Begründer
in den meisten Fällen im Familienbesitz ver
blieben und fortgesetzt wurden, heute aber wegen der
Not der Zeit verkauft werden und so den normalen
Antiquariatsmarkt überschwemmen. Denn zahlreiche
Büchersammlungen, die in früheren Zeiten organisch
aus der zeitgenössischen Bücherproduktion erwach
sen sind und dann oft viele Jahrzehnte lang als
nicht mehr fortgesetztes Ganzes in den Schränken
standen, nehmen nunmehr, meist infolge der finan
ziellen Veränderungen in der Lage der Erben den
Weg auf den Auktionsmarkt oder, wenn auch viel sel
tener, in den Lagerkatalog eines Antiquars. Dazu
kommt die oft beobachtete Tatsache, daß jüngere
Privatsammlungen selten in die dritte Generation fort-
bestehen; hat öfters der noch gut situierte Sohn die
gleichen Sammelinteressen wie der Begründer der
Sammlung, so ist zumeist das Interesse des Enkels
auf andere Gebiete gerichtet, auch wenn dieser En
kel selbst ein Sammler ist. Ein Ueberblick über die
Sammler und die Privatsammlungen kann bis zu einem
gewissen Grad ein vielsagendes Spiegelbild der gei
stigen oder sonstigen Interessen der verschiedenen
Jahrzehnte und der einander ablösenden Menschen
alter in kulturhistorischer Hinsicht sein. Wer heute
in der Lage ist, teure Srücke zu kaufen, der kann
solche Stücke unter den heutigen Umständen natur
gemäß um einen Bruchteil dessen erwerben, was
die Stücke in Zeiten einer Hochkonjunktur auf dem
Buchantiquariatsmarkt, z. B. in den späteren zwan
ziger Jahren unseres Jahrhunderts, galten, und sogar
wesentlich unter ihrem wahren inneren Werte nor
maler Zeiten erstehen.
Auf den Einwand, daß gerade der niedrige Preis
für den Sammler größeren Anreiz bilden müßte,
sagte Generaldirektor Dr. Bick: Das sollte man' meb