Enttäuschung. Zu stark und frisch ist jener neue Luftzug gewesen, der den historischen
Staub weggeblasen hat. Der Galerieton hat seine Beglaubigungskraft längst eingebüßt.
Der Impressionismus und Pleinairismus haben dies besorgt. Und wenn wir jetzt beim
Expressionismus ältester Herkunft wieder angelangt sind, so hat man inzwischen die
historische Schleppe stark gekürzt, die farbigen Brillen abgetan und verehrt andere
Gottheiten.
Man findet die Getreuen des Hauses in mannigfaltigen kleinen Gruppen wieder, aber
zumeist eine jüngere Generation und manchen unter ihnen, dem der Krieg künstlerisch
nicht geschadet, sondern vielleicht darum genützt hat, weil er neue Arbeitsgebiete erschloß,
ohne den Zwang veralteter Vorurteile lebendig zu erhalten.
Am freiesten fühlt man sich doch unter den Künstlerinnen, die sich selbst den besten
Rahmen geschaffen haben. In der „Zusammenfassung aller Kunstrichtungeu, von der
äußersten Rechten bis zur äußersten Linken", haben sie einen neuen Anschluß gefunden,
ihren Verband gestärkt (sie
zählen jetzt über x20 Mit-
glieder) und doch läßt die ' s
Auswahl des Gebotenen eine '
strengere Selbstkritik nicht
vermissen.
Den kräftigen jungen
Talenten sind die besten
Plätze eingeräumt und das
gibt dem Ausstellungsbild
jene farbige Frische, die so
wohltuend wirkt. Man emp-
findet hier deutlich, daß die
Zugehörigkeit zu verschie-
denen Bewegungen durch-
aus nicht trennend wirkt,
wenn ehrliche Liebe zur
Kunst am Werk ist.
ALM 8: GOLD-
Eine klging Ausstellung österreichischer Kunstgewerbe. Gmundener Keramik
Gruppe Linzer Graphiker
veranstaltete unter dem Sammelnamen „Der Ring" eine kleine Ausstellung, in der Egon
l-Iofmann aufiiel. Seine Holzschnitte sind mannigfaltige und tüchtige Äußerungen einer
ehrlichen Naturliebe, wenn sie auch nicht über das allgemeine Niveau hinausragen, das
wir bei uns heute schon häufig erreicht sehen. Die Radierungen und Lithographien
von K. Haid und F. Dietl haben es nicht immer ganz erreicht, noch weniger über;
schritten.
Wärmer und fesselnder wirkte eine Kollektivausstellung Stefan Eggelers, der an-
ziehende Folgen von Radierungen von stimmungsvoller einheitlicher Wirkung bot. Diese
zyklischen Darbietungen sind aus dem Leben von Pierrot und Pierrette, aus Heiligen-
legenden, aus alten Chroniken geschöpft. Sie suchen, ähnlich wie die Erzählungen und
Berichte der alten Märchen und Sagen, mit einfachen Worten erschütternde Ereignisse zu
berühren, mit anspruchslosen, ernsten graphischen Mitteln die Seele des Beschauers zu
packen. Das Gleichmaß der Formate, der tonigen Flächenbehandlung ohne aufdringliche,
schroHe Gegensätze wirkt so, als ob diese gruseligen und romantischen, schauerlichen und
spielerischen Szenen und Bilder in einem halblauten geheimnisvollen Flüsterton erzählt
würden. Einige gute Porträtradierungen bringen temperamentvolle Ausschnitte und
Charakteristiken. Auch hier Feinheit der Beobachtung und Versonnenheit.