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Volltext: Monatszeitschrift XXII (1919 / Heft 11 und 12)

Enttäuschung. Zu stark und frisch ist jener neue Luftzug gewesen, der den historischen 
Staub weggeblasen hat. Der Galerieton hat seine Beglaubigungskraft längst eingebüßt. 
Der Impressionismus und Pleinairismus haben dies besorgt. Und wenn wir jetzt beim 
Expressionismus ältester Herkunft wieder angelangt sind, so hat man inzwischen die 
historische Schleppe stark gekürzt, die farbigen Brillen abgetan und verehrt andere 
Gottheiten. 
Man findet die Getreuen des Hauses in mannigfaltigen kleinen Gruppen wieder, aber 
zumeist eine jüngere Generation und manchen unter ihnen, dem der Krieg künstlerisch 
nicht geschadet, sondern vielleicht darum genützt hat, weil er neue Arbeitsgebiete erschloß, 
ohne den Zwang veralteter Vorurteile lebendig zu erhalten. 
Am freiesten fühlt man sich doch unter den Künstlerinnen, die sich selbst den besten 
Rahmen geschaffen haben. In der „Zusammenfassung aller Kunstrichtungeu, von der 
äußersten Rechten bis zur äußersten Linken", haben sie einen neuen Anschluß gefunden, 
ihren Verband gestärkt (sie 
zählen jetzt über x20 Mit- 
glieder) und doch läßt die ' s 
Auswahl des Gebotenen eine ' 
strengere Selbstkritik nicht 
vermissen. 
Den kräftigen jungen 
Talenten sind die besten 
Plätze eingeräumt und das 
gibt dem Ausstellungsbild 
jene farbige Frische, die so 
wohltuend wirkt. Man emp- 
findet hier deutlich, daß die 
Zugehörigkeit zu verschie- 
denen Bewegungen durch- 
aus nicht trennend wirkt, 
wenn ehrliche Liebe zur 
Kunst am Werk ist. 
 
ALM 8: GOLD- 
 Eine klging Ausstellung österreichischer Kunstgewerbe. Gmundener Keramik 
Gruppe Linzer Graphiker 
veranstaltete unter dem Sammelnamen „Der Ring" eine kleine Ausstellung, in der Egon 
l-Iofmann aufiiel. Seine Holzschnitte sind mannigfaltige und tüchtige Äußerungen einer 
ehrlichen Naturliebe, wenn sie auch nicht über das allgemeine Niveau hinausragen, das 
wir bei uns heute schon häufig erreicht sehen. Die Radierungen und Lithographien 
von K. Haid und F. Dietl haben es nicht immer ganz erreicht, noch weniger über; 
schritten. 
Wärmer und fesselnder wirkte eine Kollektivausstellung Stefan Eggelers, der an- 
ziehende Folgen von Radierungen von stimmungsvoller einheitlicher Wirkung bot. Diese 
zyklischen Darbietungen sind aus dem Leben von Pierrot und Pierrette, aus Heiligen- 
legenden, aus alten Chroniken geschöpft. Sie suchen, ähnlich wie die Erzählungen und 
Berichte der alten Märchen und Sagen, mit einfachen Worten erschütternde Ereignisse zu 
berühren, mit anspruchslosen, ernsten graphischen Mitteln die Seele des Beschauers zu 
packen. Das Gleichmaß der Formate, der tonigen Flächenbehandlung ohne aufdringliche, 
schroHe Gegensätze wirkt so, als ob diese gruseligen und romantischen, schauerlichen und 
spielerischen Szenen und Bilder in einem halblauten geheimnisvollen Flüsterton erzählt 
würden. Einige gute Porträtradierungen bringen temperamentvolle Ausschnitte und 
Charakteristiken. Auch hier Feinheit der Beobachtung und Versonnenheit.
	        
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