europäische Interesse nachhaltig für die
Kleinkunst des fernen Ostens in Anspruch
nahm. Justus Brinckmann begann damals
die Sammlung seines Hamburger Museums
anzulegen. Nicht viel später setzte die
Bewegung in Paris ein. Sie trug, besonders
durch die feinsinnigen Schriften der Brüder
Goncourt, viel zur Würdigung japanischen
Geistes bei. Die planmäßige Einfuhr des
Hamburger Händlers S. Bing bewirkte dann,
daß Paris der Hauptsitz japanischer Samm-
lungen wurde, in den von ihm geleiteten
Versteigerungen der Maison Drouot brachten
immer phantastischer steigende Preise die
wachsende Wertschätzung des äußersten
Orients zum Ausdruck. Aber die Kunst, um
die es sich dort handelte, war eine Kunst
der geiiossenen Glasuren und Lackarbeiten,
der lnros und Netzukes, geschmack- und
humorvoller Kleinigkeiten, die den galanten
Spender von Bibelots nicht weniger inter-
essierten als den kunstgewerblichen Fach-
mann. Man mußte schon den hellsichtigen
Blick eines Raymond Köchlin besitzen, um
daraus eine Sammlung zusammenzustellen,
die dem durchschnittlichen Salonhalter nicht
mehr erreichbar war. Aber es gab doch
vverkq aus denen eine gröpere Seele _Zu Ausstellung österreichischer Kunstgewerbe.
reden schien. Erlesenen Arbeiten der Klein- Gmundene, Keramik
kunst folgten ganz allmählich plastische
Werke von einer hohen und seltenen Qualität, und ihre Wirkung auf die teilnehmende
Kunstwelt war um so größer, als Europa selbst in dieser Zeit eine Wandlung vom
Dekorativen zum Religiösen erlebte. Die eindringende Entdeckung des Ostens entsprach
also seinen tieferen Bedürfnissen. So kalkulierte die buddhistische Mission nicht übel, als
sie allmählich mit der Herausgabe buddhistischer Tempelschätze in Japan begann. Durch
sie wurde das Interesse für die frühen kultlichen Werke ins Leidenschaftliche gesteigert,
und Forscher wie Große und Kümmel begaben sich persönlich nach Japan, um das Dunkel,
das über ihren Ursprung lagerte, zu lichten. Vieles wurde durch sie geklärt und Wertvolles
erworben, das noch der Ausstellung in den Berliner Museen harrt. Niemand aber konnte
ahnen, daß uns eine so erschütternde Überraschung bevorstehen würde, wie sie das Werk
eines bisher völlig unbekannten jungen Forschers uns beschert.
Karl With, Hanseate von Geburt, studierte an der Ostasiatischen Abteilung des kunst-
historischen Instituts der Universität Wien, als ihn Oskar Vonwiller im Sommer des
Jahres x9x3 zu einer Forschungsreise nach Japan einlud. Die Gunst der Gelegenheit traf
diesesmal einen Mann, der zu einer großen Entdeckung alles mitbrachte: feinsten Instinkt
für verborgene Schönheit und seelischen Wert, Schmiegsamkeit des Geistes aller Fremd-
heit gegenüber, unverbrauchtes Einstellungsvermögen und eine erstaunliche Gabe, für
niemals ausgesprochene Dinge die letzte und treffendste Formulierung zu finden. With
war von allen deutschen Forschern der erste, der entschlossen zu japanischer Lebens-
weise überging, den Kimono anlegte, ein Haus mit Papierwänden bezog, den Reis mit
Holzstäbchen aß und den ganzen possierlichen Kodex japanischer Lebensführung mit
Behendigkeit und Gravität auszuüben lernte. So galt er den formbewußten Japanern, mit