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Volltext: Monatszeitschrift XXII (1919 / Heft 11 und 12)

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runde, gelöste Körperkern, die symmetrischen Gewandfalten und die Flachsilhouette des 
Gehänges deutlich auf die einseitige Ansicht bezogen. Den Stil der beiden Werke ent- 
scheidet das Material, nicht die optische Anschauung. With sucht den Ursprung der 
Kokuzo im Wälder-reichen Korea. 
Eine dritte Gruppe vonWerken umfaßt besonders Bronzen kleineren Formats (Abb. 66). 
In ihnen macht sich eineAnnäherung an die runde, bewegteWirklichkeit derFormen geltend, 
Körper biegen sich, Falten und Gehänge nähern sich natürlichem Fall. Aber die Anwendung 
dieser Kunstgriffe ist so ungeschickt, daß nicht eigene Erfindung, daß ein fernher dämmern- 
der Einfluß, der vielleicht im Gandhara-Kreis wurzelt, als Ursache angenommen werden muß. 
Aus diesen drei Wurzeln entfaltet sich der reife Suiko-Stil, der bei strenger Wahrung 
der alten hieratischen Regeln die Formen mit einer bezaubernden Anmut und geheimnis- 
vollem Leben zu 
füllen weiß (Abb. 87). 
Die stille Hoheit die- 
ser Kunst, die uns das 
Zeitalter der Akro- 
polis-Mädchen in die 
Erinnerung ruft, wird 
gebrochen durch eine 
naturalistischewelle. 
Plastische Be- 
wegtheit, die von 
innerer, grüblerischer 
Spannung Zeugnis 
gibt, stoßliche Tren- 
nung von Körper und 
Kleidung, sowie Lö- 
sung der Symmetrie 
unter dem Einfluß 
naturalistischer Ten- 
denzen bereiten den 
zweiten großen Stil 
der Reife vor, den der 
H3kl1h0'Z9it- DUCh Ausstellung österreichischer Kunstgewerbe. Deckchen, Tüll, gestickt, Entwurf von 
erwächst dieser nicht R. Schaschl (Wiener Werkstätte) ' 
genetisch aus den 
heimischen Ansätzen, sondern verkörpert die Herrlichkeit einer auf dem Festlande zu 
höchster Blüte getriebenen Kultur. Er ist der Stil der chinesischen Tang-Dynastie, der, auf 
weltpolitischem Boden erwachsen, mit weltpolitischen Ideen genährt, zu einer höchst 
weltlichen Ausprägung gedieh. Vollendeter Naturalismus und vollplastische Bewegtheit 
des von innen beseelten Körpers sind ihm Voraussetzung. Unterscheidung von Stand- und 
Spielbein, Achsendrehung des Rumpfes und freier Faltenfall lassen indischen Einfiuß als 
sicher erkennen. Grandiose Aufmachung in Haltung und Schmuck bezeichnet das barocke 
Streben nach Wirkung um jeden Preis. Das majestätische Hauptwerk dieser Richtung ist 
die Jakuschi-Trinität im ]akuschiji-Kondo, ein Bronzewerk in überlebensgroßem Format 
(Abb. 135). 
Die folgende Zeit, die der Wado-Dynastie im beginnenden VIII. Jahrhundert, ist durch 
eine Folge von Tonfiguren aus der Horiuji-Pagode vertreten. In diesen Werken, die wiederum 
verwandte Züge mit den bekannten chinesischen Tonfiguren der Tang-Zeit aufweisen, 
steigert sich der Realismus bis zur Darstellung momentaner Affekte und individueller Ana. 
tornie (Abb. 200). Zugleich erscheint das Gesetz der Frontalität in ihnen gemildert, die 
Allseitigkeit plastischer Wirkung beobachtet. Die reifen Werke des Wade-Stils nähern sich 
 
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