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Volltext: Monatszeitschrift XXIII (1920 / Heft 4, 5 und 6)

Es ist deshalb interessant zu untersuchen, auf welchem handwerk- 
lichen und wirtschaftlichen Boden diese so ausgebreiteten und mannig- 
faltigen Arbeiten ihre Entwicklung fanden, welche Wandlungen ihre Form- 
gebung und Durchbildung durchgemacht haben. Man kann die Arbeiten aus 
der ersten Hälfte des XIX. jahrhunderts nur dann recht verstehen, wenn 
man auf diejenigen des XVIII. zurückblickt, mit denen sie viele Zusammen- 
hänge verbinden, wenn auch das Zwischenspiel klassischer und fremd- 
ländischer Einiiüsse eine Unterbrechung der Tradition brachte und die 
Forrngebung auf anderer Basis aufbaute. Das süddeutsche und speziell das 
Österreichische Möbel der späteren Barockzeit besitzt besondere Qualitäten. 
Schwung und Formfreudigkeit jener Zeit haben im Mobilar der Prunkräume 
nur einseitig Gelegenheit zur Entfaltung gefunden. Die Gebundenheit archi- 
tektonischer Gliederungen, der geringe Bedarf an Typen für die Repräsen- 
tationsbedürfnisse wirkten V _ V bildung für den Wohnraum, 
auf den Möbelbau der Emp- ' W  sowohl bürgerlichen wie 
fangsräume lähmend. Um geistlichen Ursprungs. Ins- 
so intensiver war seine Aus- besondere die Schrankmöbel 
 
 
Zimmereinrichtung aus dem "Journal des Luxus und der Maden", Weimar x8o7 
waren vortrefflich. Die heute unter dem Namen Sekretär- und Tabernakel- 
schränke bekannten Typen mit ihrer Kombination von Kommode, Sekretär 
und Aufsatzkasten können so recht als prächtige Zeugen für die handwerklich 
wie formal hochstehende Möbeltischlerei jener Zeit gelten (siehe die Ent- 
Würfe und Stiche von Rumpp). Handwerklich ist die an Einfällen reiche 
Bauart, die den mannigfaltigsten Bedürfnissen gerecht wird, und die an- 
ziehende Materialbehandlung hervorzuheben. Die Möbelstücke sind zumeist 
furniert und poliert und bringen an den meisterhaft behandelten geschwun- 
genen Flächen den schönen Effekt reizvoller Maserungen und Färbungen 
einheimischer Holzgattungen in vielerlei Kombinationen zur Geltung. Vor- 
treffliche und oft sehr reiche Einlegearbeiten beleben die Flächen, die eben 
nicht bloß durch Materialreiz, sondern mehr noch durch den Schmuck der 
flächenhaft behandelten Ornamente wirken sollen. Hier ist die Schmuck- 
freude einer sehr zum Prunk und Formenreichtum neigenden Zeit in das 
bürgerliche Milieu übertragen. Diese Arbeiten wirken heute wohl in unseren 
Räumen als Glanzstücke und Kostbarkeiten, sind aber verglichen mit den 
überaus reichen geschnitzten und vergoldeten Möbeln der damaligen Fest- 
räume als relativ noch anspruchslos zu bezeichnen.
	        
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