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Volltext: Monatszeitschrift XXIII (1920 / Heft 4, 5 und 6)

 
Bau nach und in bezug auf ihren Auf- 
wand an Schmuckmitteln zumeist noch 
von solchen Dimensionen und von so 
ausgeprägtem dekorativem Charakter 
und solcher Würde, daß sie mit den im 
XIX. Jahrhundert auftretenden beschei- 
denen Raumverhälmissen und verein- 
fachten Lebenshaltungen nicht mehr 
vereinbar sind. Wohl wissen wir aus 
Chodowieckis Blättern und anderen 
Schilderungen des bürgerlichen Lebens 
der Rokoko- und Zopfzeit, daß auch 
damals der bescheidenere Haushalt gute 
Möbelformen besaß. Es lebte in ihnen aber doch eine Steifheit und Ge- 
bundenheit, die ja auch in einer zeremoniellen Umgangsform und in noch 
anspruchsvollen feststehenden Kleidertrachten Ausdruck fanden. 
Die Empirezeit hat diese Hemmungen nicht ganz überwunden, ja in 
manchen Hinsichten durch exakte, nüchtern-kühle Formalität vermehrt. 
Allerdings bei uns weit weniger als im prunkliebenden Kaiserreich Napoleons. 
In den Dimensionen tritt bereits jene I-Ierabminderung ein, die zur Brauch- 
barkeit im Wohnraum nötig ist. _ 
Das Schrankmöbel der Biedermeierzeit, das von der Vereinfachung der 
Form durch den Klassizismus ausgeht und durch Weglassung der Steifheit 
Beweglichkeit erreicht, nützt die vom XVIII. Jahrhundert übernommene 
handwerkliche Durchbildung und Gewandtheit glücklich aus. So entwickelt 
sich ein Reichtum an Typenbildungen, der den Sekretären (Schreib- 
schränken), Glasschränken, Aufsatzkästen, Kommoden, Trumeaux mannig- 
faltigste Ausbildung verschafft und das Eingehen auf Bedürfnisse und 
Neigung der Besteller, auf Besonderheiten bürgerlicher Lebensgewohnheiten 
. . ruft hier ein überraschend vielseitiges 
Resultat hervor. Die Mannigfaltig- 
keit zeigt sich aber weniger in der 
äußeren, der Vereinfachung zu- 
strebenden Erscheinung als in der 
inneren, konstruktiven Beweglichkeit 
_ und in einer reizvollen Ausbildung 
. geschickter Materialverwendung und 
-behandlung. 
Die Tischmöbel erhalten ihren 
Formenreichtum durch den stärkeren 
Bedarf des Wohnraumes und Speise- 
"A" r zimmers. Der Eßtisch erhält erst 
' jetzt jene Bedeutung und konstruk- 
Schreibtisch aus den Vorlageblättem von A.P0pp tive Durchbildung, welche aus der 
Toilettetisch von A. Popp 
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