die Grundsätze, über denen die Kunstschau 1920 errichtet wurde. Staat und
Stadt gaben die Mittel, und ungebrochen durch all die niederschmetternden
Begebnisse des letzten Lustrums wirkte der Geist von 1898 und 1908 auch
1920 wieder in seinen traditionellen Trägern Josef Hoffmann, Anton I-Ianak
und Alfred Roller. Die Namen Klimt und Moser neben Metzner und
Schiele sind nur mehr durch ihre Werke getragen, die zum Gedächtnis der
Geschiedenen hier Aufstellung fanden.
Architekt Professor Karl Witzmann meisterte die ungefügen Raum-
verhältnisse im Ausstellungsbau des Österreichischen Museums und zwang
dem spröden Rahmen einen zwölfgliedrigen Ausstellungskomplex ab, der
bei vornehm-festlichem Gesamteindruck eine klare Disposition über das zur
Schau eingelaufene Kunstgut ermöglichte. Den Auftakt gibt die „Wiener
Werkstätte". In sechs geräumigen Vitrinen der Vorhalle glänzt Metall,
leuchten die tonigen Glasuren keramischer Gebilde, schimmern kostbare
Glasformen. I-Iier liegen die prächtigen Drucke des Avalun-Verlages auf-
geschlagen. Uneingeschränkt erfüllte Leistungen der Wiener Buchkunst
in den Zeiten der schwersten Belastung des Volkes. Eingebaute Wände
schließen die Vorhalle ab und leiten zum Einlaß in die folgenden Räume,
deren erster uns in die Schöpferwelt Anton I-Ianaks versetzt. Ein glatt
gespanntes, lichtdurchflossenes Velum fügt
sich deckend den weißenWänden. Diffuses
Licht umspielt die zwölf überlebensgroßen
Gestalten, Ergebnis etwa einesjahrzehntes.
In ihrem Bannkreis erlebt sich das selten
erregte Gefühl des Kontaktes mit monu-
mentalem Werke. In klar umschriebener
Silhouette bestimmt jedes einzelne seine
Sphäre, damit die Distanz des Betrachters.
Von überall her empfängt der schweifende
Blick prägnanten Formeindruck, der über
die Gestaltung des Ganzen nicht mehr
in Zweifel läßt. Aufbau und Ausdrucks-
beseelung heben sie weit über das Niveau
herkömmlicher Plastik. Das Gemeinsame
in der Grundstimmung all dieser Werke
findet Ausdruck im großen Leid, einer
horizontal hinschwebenden weiblichen Ge-
stalt. Ihre vollkommene, rhythmische Bil-
dung entbindet die Phantasie der Vorstel-
lung von Schwere, so als ob der Blick
einer hochschwebenden, einsamen Wolke
folgte, die ein erdumkreisender Luftstrom
trägt. Doch gegenüber wuchtet eine Gestalt
Kunstschau 1920.
Silberne Dose, Entwurf von Dagoben Peche, . _
ausgeführt von der WienerWerkslälte unter dem Drucke der irdischen Grenzen,