erster Stelle standen. Schon damals äußerte der auf seine größtenteils von
ihm selbst während der Sechziger- und Siebzigezjahre in Paris zusammen-
getragenen Schätze sehr stolze Mann, daß es in Wien an vorbildlichen
französischen Arbeiten vom Ende des XVIII. und Anfang des XIX. jahr-
hunderts, von denen Künstler, Handwerker und Gelehrte viel lernen könnten,
nicht eben viel gebe, und er deutete an, daß er sie nach seinem Ableben
beisammengehalten wissen möchte. Auch die Abbildung des Schreibtisches,
des Bettes des Marschalls Berthier, des sogenannten Toilettestuhles der
Kaiserin Josephine, der bereits erwähnten Isabeyschen und einer Daflinger-
sehen und Nickelschen Miniatur, des Porträts der Gräfin Desfours von Agricola
und der sogenannten Adamberger von Maurer in dem bei Artaria 8: Co.
herausgegebenen Werke „Der Wiener Kongreß" (1898) gestattete er." Nach
janos Palffys Tode wurde ich der Verlassenschaftsabhandlung als Experte
zugezogen und erhielt hiebei Kenntnis von dem Testament, das, unter der
Voraussetzung der Schaffung eines Fideikommisses oder Proseniorates der
Familie Palffy, im Artikel VIII die Erhaltung der musealen Aufstellung der
Sammlung und ihre Zugänglichmachung im Wiener Palais verfügt hatte mit
der Bestimmung, daß die Kosten dieser ständigen Schaustellung aus den
Erträgnissen des Palais und anderer Häuser bestritten werden sollten.
Ein zehnjähriger Prozeß der Erben untereinander, wodurch die Erfüllung
des Testamentes aufgehalten war, fand unmittelbar vor Kriegsende und
Zusammenbruch (Sommer 1918) durch einen Vergleich der Erben sein
Ende. Ich hielt mich verpflichtet, die Aufmerksamkeit der Regierung auf
das nunmehr in Wirksamkeit getretene Testament zu lenken, und erneuerte
in den aufgeregten Novembertagen im Interesse des öffentlichen Kunst-
besitzes die Bitte um Verfügungen in einer an den Staatsnotar Dr. Sylvester
gerichteten Eingabe, worin darauf verwiesen wurde, daß die Sammlung
staatlichen Schutzes dringend bedürfe. Mit Beschluß vom 4. Dezember 1918
wurde ich zum Verwahrer der Sammlung bestellt und hatte unter persön-
licher Haftung für ihren Schutz zu sorgen. Die Übernahme der Sammlung
erfolgte unter Intervention von Vertretern der damaligen Staatsämter für
Inneres und Unterricht und für Handel, Gewerbe, Industrie und Bauten. Die
Polizei übernahm die ständige äußere Bewachung des Palais. Es mußte
sodann eine genaue Revision der Bestände und die Anlegung eines Zettel-
kataloges vorgenommen und die Sperre über die Sammlung verhängt
werden, so daß ihre Besichtigung nur in meiner Gegenwart oder in Anwesen-
heit eines von mir bestimmten Stellvertreters möglich war. Diese Aufgabe
und die von der Finanzprokuratur geführte Verhandlung mit den Erben-
vertretem, welche die Rechtsauffassung des Staates anfechten, war mit vieler
Mühe und Sorge verbunden. Schon im Jahre 191g erklärte sich die Staats-
Verwaltung zu Ausgleichsverhandlungen bereit; es wurde eine größere Anzahl
f „Der Wiener Kongreß, Kulturgeschichte, die bildenden Künste und das Kunstgewerbe, Theater, Musik
in der Zeit von 1800 bis 1825." Mit Beiträgen von B. Buclier, j. Folnesics, E. Guglia, L. Hevesi, E. Leisching,
C. von Lützow, H. Macht. C. Masner, A. Riegl. F. Ritter, W. Weckbecker, H. Wittmann, unter Redaktion von
Eduard Leisching. Taf. XXII, XXXIV, XXXV, XLIII, XLIV. Textabb. Seite 65, 126, 192.