Gelehrten - zu klarem Ausdrucke in dem 1908 begonnenen großen Werke von M. Lehrs
über den deutschen, französischen und niederländischen Kupferstich, dessen dritter Band
1915 erschien, dessen vierter demnächst endlich ausgegeben werden wird, und in dem jüngst
veröffentlichten Werke über „die Einblattdrucke der Nationalbibliothek" von Haberditzl und
Stix, welche zu den glänzendsten Publikationen der Gesellschaft gehören. Schon 1907 ver-
öffentlichte der zu früh verstorbene gelehrte Sammler Dr. ]ulius Hoffmann, durch Jahre
ein eifriges Mitglied des Verwaltungsrates, im Verlage der Gesellschaft seinen Goya-Katalog,
1911 das Werk über den Meister pp., 1910 josef Wünsch das Werk über Blasius Höfel.
Die „Studien und Forschungen" wurden in den „Mitteilungen" fortgesetzt, welche aus-
gezeichnete wissenschaftliche Studien über alte und neue Graphik vereinigen, die „Graphi-
schen Künste", auf deren im wesentlichen ungeschmälerte Erhaltung in diesen harten
Zeiten die Gesellschaft mit berechtigtem Stolze blicken kann, wurden mit Vorbedacht vor-
nehmlich der modernen Originalgraphik dienstbar gemacht (Graphik im weiteren Sinne,
mit Einschluß der Handzeichnung verstanden). In ununterbrochener, auch durch die Kriegs-
ereignisse nicht unterbundener, wenngleich sehr erschwerter Arbeit hat die Gesellschaft
in den letzten zwanzigjahren auch durch die Herausgabe zahlreicher sonstiger außerordent-
licher Veröifentlichungen im Geiste der Begründer der Vereinigung ihre PHicht zu erfüllen
gesucht. Viele höchst wertvolle graphische Schöpfungen, welche ihrem technischen Cha-
rakter nach nur eine geringe Zahl von Drucken zulassen, schließt die durch die Mitgliederzahl
der Gesellschaft bedingte große Auflage von den ordentlichen Publikationen aus, die Gesell-
schaft hat daher in neuerer Zeit durch „Liebhaberausgaben" diese Schwierigkeit umgangen
und eine Zahl höchst bedeutender Mappen Sammlern und Feinschmeckern dargeboten
(191 1 Kasimirs „Wiener Mappe", 1917 Jungnickels „Tiere der Fabel", 1918 Melzers „Leben
der Madonna", 1919 Mappe der neuen Vereinigung, 1920 Jettmars Kain von Byron), oder
es wurden hervorragende Werke der Literatur mit Illustrationen ausgegeben (Gottfried
Kellers „Gerechte Kammacher" mit Radierungen von A. Cossmann 1918) oder Faksimile-
drucke in Lichtdrucken nach Originalzeichnungen älterer Zeit (1901 Fiihrichs „Heilige drei
Könige", 1904 Schwinds „Hochzeit des Figaro", 1918 Führichs „Hermann und Dorothee").
Immer mußte die Gesellschaft darauf bedacht sein, die Erreichung ihrer idealen Ziele
durch gesunde Wirtschaftlichkeit ihres Betriebes zu sichern, ohne indes Erwerbsrücksichten
in den Vordergrund zu stellen. Den Ausgleich zwischen Soll und Haben in materieller und
geistiger Hinsicht zu erhalten war ihre Pflicht und Sorge. So hat sie nie thesauriert, nie
Schulden gemacht, Überschüsse auf der einen Seite immer für neue Arbeit auf der anderen
fruchtbar gemacht. Daß sie von 1871 bis 1918 zirka elf Millionen vollwertiger Kronen und
in den letzten drei so mageren ]ahren immerhin mehr als zwei Millionen aufgebracht und
verwendet hat, ist im Rahmen des österreichischen Kulturbudgets und für eine private
Vereinigung, die nie eine ständige Staatssubvention empfing oder begehrte, keine geringe
Sache. Die Ausstellung, die, obwohl sie nur einen Ausschnitt der produktiven Tätigkeit der
Gesellschaft bietet, vieles und jedem etwas bringt, auf welchem Standpunkte immer
er stehen möge, legt Zeugnis dafür ab, was zielsicheres Zusammenwirken von Künstlern,
Kunstgelehrten und Kunstfreunden in organisierter Arbeit zu leisten vermag; sie würde,
wenn man mit ihr ins Ausland gehen könnte, gewiß starken Eindruck machen und Österreich
und Wien neue Freunde gewinnen.
Die Arbeit konnte nur gedeihen, weil sich für Kuratorium und den aus ihm gewählten
Verwaltungsrat stets eine große Zahl warmfihlender opferwilliger Schätzer der verviel-
fältigenden Kunst zurVerfügung stellte.Vor allem aber ruhte sie auf der Tätigkeit ausgezeich-
neter Direktoren, wie Paulussen einer war und der gegenwärtige Direktor einer ist, und ganz
besonders darauf, daß die Sekretariatsgeschäfte stets in den Händen angesehener, wissens-
reicher Männer lagen. Die ersten 17 jahre war Oskar Berggrün Sekretär, ein feingebildeter
literarisch gewandter Mann. Mit Richard Graul traten die Kunsthistoriker in diese Stelle ein;
es folgte, als Graul Direktor des Leipziger Museums wurde, der Kustos des Österreichischen
Museums Karl Masner, und als dieser die Direktion des Breslauer Museums übernahm