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Volltext: Monatszeitschrift XXIV (1921 / Heft 5 und 6)

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in Frankreich bemerkt, daß es sich empfiehlt, die Antike zu studieren; wäre 
ihre Einstellung zur Antike nicht von vornherein eine eigene gewesen, wären 
ihre Arbeiten nicht so ausgefallen: so ganz anders gerichtet als die franzö- 
sischen. Auch für die Zeit um 1400 wird man immer vorsichtiger werden 
mit Beziehungssetzungen. Für die Plastik ist bereits gezeigt worden - von 
Ernst --, daß es nicht zum Ziele führt, immer dem 
„Bedürfnis nach Zusammenhang mit möglichst 
klangvollen Namen" nachzugebenf 
Unsere beiden Figuren haben etwas an sich, 
was noch von einer andern Seite auf diese Ge- 
danken bringt. Bei beiden ist das Untergewand 
zu sehen. (Bei Eins etwas mehr und ähnlich wie 
öfters im Braunschweiger Skizzenbuch; bei Zwei 
weniger, der Mantelsaum ist hier so beiseite- 
geschoben wie bei der Krumauer und bei der 
Wittingauer Madonna; übrigens kein seltenes 
Motiv.) Das Untergewand ist nun nicht glatt 
gelassen, es liegt in wagrechten Spannfalten. 
Das erinnert daran, wie im vierten Fünftel des 
XIV. Jahrhunderts der Stoff auf dem Oberkörper 
gestrafft wurde; der Körper drängte stärker vor 
und brachte das Tuch in Spannung, und das Tuch 
wurde mit starkem sinnlichem Empfinden für 
Eigenheiten verschiedenen Materialcharakters 
behandelt. Besonders einige Gruppen mittel- 
deutscher Arbeiten waren stark darin, das wurde 
an Bischofskaseln gemacht, an Umhangtüchern, 
Mänteln, und auch bei Frauen mit enganliegen- 
dem Unterkleid; Erfurter Arbeiten haben es ganz 
ähnlich, aber noch stärker wie die Freisinger- 
figuren: einige Frauen am Severisarkophag, die 
Pietä im städtischen Museum vom gleichen 
Meister und die Frauen auf den Kreuzigungsreliefs 
im Museum und an der Andreaskirche." - Das 
war nicht auf mitteldeutscheDenkmäler beschränkt. 
Vor allem war es sachlich nichts Vereinzeltes 
oder Sekundäres, sondern es war die Äußerung eines damals neueinsetzenden 
Empiindens für modelltreue Darstellung. Eine zusammenhängende Aus- 
einandersetzung könnte zeigen, daß sich damals in der deutschen Plastik ganz 
dasselbe zutrug wie in der französischen (wenigstens in der Gewandung); 
grundsätzlich dasselbe, aber in anderer und sicher unabhängiger Äußerung. 
i" i wie Rudolf Kautzsch das genannt hat in seinen „Einleitenden Erörterungen", die damals, vor 
27 Iahren, bahnbrechend waren (es sind aber nicht viele auf der Bahn weitergegangen) und noch heute höchst 
lesenswert sind. 
"i Overmanmkunstdenkmäler der Stadt Erfurt, Seit: 395, 44, 37, und Greinert, Erfurter Steinplastik, 18, 29. 
Statue Zwei
	        
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