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sich natürlich feine Porträtschnitte schon wegen des Maßstabes nicht gut
einsetzen, abgesehen davon, daß man sie einem Hagelschlag nicht gerne
aussetzen wollte; auch im Spessart, im Schwarzwald oder namentlich in der
Schweiz, besonders um Bern, waren es in den ersten Jahrzehnten des
XIX. Jahrhunderts nur noch Bauernhäuser, die kleine Rund- oder Rechteck-
scheiben mit sehr simplen Schnittwappen, Zunftzeichen, Namen, Sprüchen
und dergleichen nach alter Gepflogenheit weiter verwendeten. Aber auch
als Lichtschirme, die damals mit den ersten, noch sehr bescheidenen Ver-
besserungen der Beleuchtungstechnik
immer mehr in Mode kamen, waren
Kristallglasplättchen, die nicht über-
fangen oder wenigstens hinterlegt wa-
ren, unbenutzbar. Und doch entnahm
man diesen im allgemeinen das Prinzip
des Aufbaues - natürlich ohne Stell-
stäbe -,zumal auch für die eingeglasten
Pasten, die zur Zeit Napoleons aus Frank-
reich und England zu uns kamen, neben
dem vergoldeten Bronzerähmchen, mit
dessen Öse man sie am Fensterkreuz be-
festigte, auch monstranzartige Ständer
beliebt wurden. Durch die Verbindung
solcher Ständert in Holz, Bronze oder
gleich auch in Glas mit dem geschnitte-
nen Medaillonbilde wurde man endlich
vom unmittelbaren Zusammenhang mit
dem Fenster losgelöst und konnte solche
Arbeiten auch mitten im Zimmer im
durchfallenden Lichte vorführen. Solche
Ständer, zunächst in Holz, dann auch in
vergoldeter Bronze, machte sich auch
D. Bimann zu eigen, als er in den ersten
Jahren seines Franzensbader Aufenthaltes Porträtschnittaufträge von russi-
schen Kurgästen erhielt. Zwei derartig holzgefaßte, vorzüglich gearbeitete
Brustbilder eines Paares (Abb. 3 und 4) in russischem Privatbesitz in Sin-
feropol auf der Krim" tragen die genauen Daten des 28.Juni, beziehungsweise
25. August 182g, das Medaillon mit dem männlichen Porträt überdies noch am
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Abb. 5. Dominik Bimann, Becher aufderVeste Coburg
x Um X830 karnen monstranzartige Säulenständer aus Glas auch sonst in Mode; oben waren sie entweder
mit einem anderweitig geschnittenen Medaillon (zum Beispiel mit dem Panorama einer mittelalterlichen Stadt
in der Gläsersammlung A. Rüiicka in Prag) bekrönt oder mit einem Doppeladleraufsatz in liächenhafter Behand-
lung (Wien, Technologisches Gewerhemuseum) oder mit eingeglasten Pasten, besonders dem Kopf des Kaisers
Franz von Österreich.
"" Besitzerin dieser beiden Bimann-Glasschnitte war (1918) Frau von Zarmühlen in Sinferopol, Litow-
skaja 16, wo sie während des Krieges der Glasschneider und damalige Leutnant W. v. Eifl für mich photographierte.
Hoffentlich sind diese beiden Stücke in den nachfolgenden Bolschewikenunruhen nicht verloren gegangen oder
beschädigt worden.