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Volltext: Monatszeitschrift XXIV (1921 / Heft 7, 8, 9 und 10)

werden, überhaupt ein besonderer Fall vor. Aber auch die Form der großen 
Fenster läßt sich mit den Bestimmungen des Vertrages in Übereinstimmung 
bringenf 
Die drei Halbtürme der Grabenseite waren nach dem Bauvertrage so 
zu verteilen, daß der eine vor der königlichen Majestät Paradeisstube, der 
zweite vasst in die Mitte des Saales, der dritte vor die Kapelle zu liegen 
käme. Bei dem ersten Turrne wird noch gefordert, daß er sich weiter der 
(Paradeis-)Stube Vergleich, und daß auf dieser Seite der Stube kein weiteres 
Fenster mehr nötig sei. Die „Paradeisstube", die ihren Namen wohl von 
einer in ihr befindlichen Paradiesdarstellung von Kölderers Hand erhalten 
hat, stieß mit ihrer Nordseite an das „Frauenzimmer", wie dies aus zahl- 
reichen älteren Nachrichten hervorgeht; so heißt es in einem Berichte des 
Jahres 1534, daß in der Nacht vom 8. auf den g. Juni in der Burg unver- 
sehentlich oberhalb des „Neuen Saals", das ist des von Maximilian nach 
1510 erneuten Saales, ein Feuer ausgebrochen sei, das die Decke dieses 
Saales und das „Paradeis" zerstört habe." Es sei, heißt es ferner, das Feuer 
aber nicht weiter gedrungen, als bis an die schidmauer (Zwischen-, Quer- 
mauer) des Paradeises gegen das Frauenzimmer und auf der andern (offenbar 
südlichen) Seite bis an die Garderobe, die Mathies, Balbierer selig, innegehabt 
und in welcher der Kaiser zu speisen gepflegt habeffi" Das „Paradeis" befand 
sich also zwischen dem großen Saal und dem Frauenzimmer. Es ist dann 
aber der nördliche Halbturm, der vor dem „Paradeis" lag. Dazu stimmt 
auch die Angabe des bereits erwähnten Nachlaßverzeichnisses von 15964- 
die mittere und vorder purg, oberst poderi, im zimmer am großen saal, die 
paradeisstuben genannt, in dem arkher (Erker, hier: vertretender Raum im 
Halbturm) ain rund tafel . . . Und auch bei Hainhofer, dem bekannten 
Augsburger Patrizier und Kunstvermittler, stoßen wir noch im Jahre 1628 
auf eine entsprechende Nachrichtxf-T 
Diese „Paradeisstube" findet sich denn auch mit dem anliegendan Halb- 
turrne auf dem Grundrisse nördlich vom Saal (Abb. n). Nun verstehen wir 
auch, warum es früher hieß, daß auf der Seite des Halbturmes kein weiteres 
Fenster mehr sein solle; auf der andern (West-)Seite sieht man nämlich (auf 
Abb. n) ein (Eck-)Fenster und es konnten dort noch mehr Fenster vor- 
handen sein, insbesondere, solange der dort ansetzende Nordflügel des 
großen Hofes noch nicht vorhanden war. Es werden sich hieraus für uns 
noch sehr wichtige Folgerungen ergeben. 
" Jedes Fenster soll irn Liehten u Werkschuh hoch und samt den Pfosten 51': Werkschuh breit sein. 
Auch werden Kolonnen, Kapitelle und Simse aus Mittenwalder Stein gefcrden; in den unteren Teilen der Fenster 
soll Naglstein (Nngeltluh) zur Verwendung gelangen. Daß die lichte Höhe der Fenster im Aufriß nur 10 Schuh 
beträgt, könnte sich durch Änderungen während des Baues erklären, vielleicht aber auch durch Ungenauigkeit 
du Aufnahme. 
'"' Cuusa domini r53zA36 f. x36. Wegen des hier genannten goldenen Saals siehe spätere Abhandlung. 
H" Der „Bnrbierer Mathis" im Gedenlrbuche Maximilians vom Juhre x50: erwähnt (Reg. 230 f. 28). 
i Rvz- sssü. f- 154- _ _ _ __ _ 
H Hainhofer führen wir stets an nach: Oskar Doenng „Des Augsburger Patnciers Philipp Hainhofer 
Reisen nach Innsbruck und Dresden" (Quellenschriften für Kunstgeschichte). Wien und Leipzig rgox. Die hier 
gemeinte Stelle auf Seite 5x. 
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