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fullscreen: Alte und Moderne Kunst XVII (1972 / Heft 123)

Für den Kunstsammler 
 
Zur Bedeutung des Rahmens 
Sich zu schmücken, um möglichst vorteilhaft aus- 
zusehen, ist ein Grundbedürfnis des Menschen. So 
sucht auch der Maler seine Bilder so einzukleiden, 
daß sie ein bestmögliches Aussehen erhalten. 
Doch wie der Schmuck einer schönen Frau den 
Blick auf ihre Person lenkt, so begnügt der Rahmen 
sich, den Blick zu sammeln, um ihn sogleich auf das 
Bild zu ziehen. 
Dieser Vorgang kann aber nur stattfinden, wenn 
der Rahmen so gebaut ist, daß er die Funktion 
des Mittlers zwischen der lrrealität des Bildes und 
der Realität der Außenwelt imstande ist zu erfüllen. 
Ortega y Gasset hat in seiner Abhandlung über den 
Goldrahmen diese Mittler- und lsolatorrolle 
philosophisch klar herausgestellt. Auf der einen 
Seite Übergang zu sein und doch Abgrenzung zu 
vollziehen: das ist die Funktion. 
Nicht von ungefähr ist eben der neutrale Goldton 
immer wieder für diese Aufgabe herangezogen 
worden, entweder in seiner gesamten Flächigkeit, 
oder in sparsamer Verwendung des Goldtones in 
Verbindung mit Farb- und Holztönen, die sowohl 
im Bilde wie auch im realen Innenraum mitschwingen 
sollten. 
Vergessen wir nicht, daß im 19, Jahrhundert mit 
dem geschmacklichen Niedergang auch die Rahmen- 
kunst am Ende war. Aus der gedankenlosen 
Nachahmung des Rokokos entstand ein Rahmen- 
werk von konstruierten Profilen mit dickem Stuck 
und falscher, gleichförmiger Vergoldung. Für 
„Renaissance" und „Barock" wurde die späteste 
Verfallszeit zum Vorbild genommen und durch 
wuchernde Ornamentik oder Spießigkeit der 
Schnitzerei eine Karikatur erzeugt, die zum Teil 
noch bis auf unsere Zeit nachwirkt. 
Es wundert nicht, wenn sich die Künstler der 
letzten 80 Jahre von solch faulem Zauber frei- 
machten und oft selbst Rahmen entwarfen und 
bemalten. Hier besteht iedoch die Gefahr, dem 
Rahmen zu große Bedeutung dem Bilde gegenüber 
zu geben oder ihn so sehr mit dem Bilde sozusagen 
als Fortsetzung zusammenzuführen, daß er seine 
grundlegende Bedeutung, neutrales Element zu sein 
und zu bleiben, einbüßt. 
Wie faßten nun die alten Meister die Rahmenkunst 
auf? Diese Frage ist wesentlich, zum einen wegen 
der Vervollständigung des Verständnisses der 
Malerei der verschiedenen Epochen, zum andern um 
die Frage zu klären, wie nun Bilder, so sie der 
originalen Rahmen entbehren, gerahmt werden 
sollen. Der Idealfall wird immer der sein, einen 
Rahmen aus der Entstehungszeit und Herkunft des 
Bildes zu erwerben und, wenn nötig, an das Format 
anzupassen. Wie oft allerdings wird so ein Glücks- 
fall eintreten, nachdem nicht nur der Zahn der Zeit, 
sondern vor allem die Verständnislosigkeit und 
Mode fleißig an der Vernichtung alter Rahmen 
gearbeitet haben. Nicht zu vergessen ist die 
Tendenz, Galerien einheitlich zu gestalten, in der 
früher üblichen Hängung Bild an Bild und Bild 
über Bild. Der Pitti-, Schinkel- und Dresdener 
Rahmen zeugen davon. 
Diese Einstellung zum Bilde ist nicht mehr die 
unsere, die wir ein Gemälde in seiner Transzendenz 
als etwas Einmaliges, von seiner Umgebung 
Gelöstes verstanden wissen wollen. „Wie kann so 
viel auf einer so schmalen Fläche sein? Offenbar 
weil es ist, ohne zu sein" (Ortegol. Wollen wir 
doch als Betrachter im alten Bilde die ganze Welt 
des „Damaligen" erleben, ebenso wie das 
moderne Bild uns das „Heutige" offenbaren soll. 
So ist ein Bild nicht mehr nach Gefälligkeit und 
Mode zu rahmen, sondern einzig noch dem Ge- 
sichtspunkt seiner Herkunft und Aussage. Ein Rah- 
men ist nicht beliebig austauschbar. Für iedes 
Bild gibt es den optimalen Rahmentyp, der, sollte 
er fehlen, wiedergefunden werden muß. 
Soll es zu einer optimalen Synthese kommen, 
bildet die Voraussetzung dazu die historische 
Kenntnis der Rahmenkunst einerseits, anderseits die 
traditionelle Beherrschung der alten Techniken vom 
Holz bis zur Oberflächenbehandlung in Blattgold 
und Farbe. Hier sind kunsthandwerkliche Grundla- 
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