JAHRESBERICHT
k. k. Oesterr. Museums für Kunst und Industrie
für l88Y.
Das Jahr 1387 gehörte, was die Thitiglteit des Museums betrifft, ganz vorzugs-
weise der kirchlichen Kunst. In der vollen Erkenntniss, dass dieser überaus bedeutungs-
volle Zweig der Kunst und Kunstindustrie schon seit zwei Jahrzehnten einer gewissen
Vernachlässigung anheimgefallen und zum großen Theil in die Hände ausländischer
Kunstanstalten und Fabrikanten gerathen sei, in dieser Erltenntniss hatte sich schon das
Curatorium in dem vorausgegangenen Jahre 1886 mit der Frage beschäftigt, wie dem
Uebel abzuhelfen und Heilung zu bringen sei, und es hatte zugleich das Interesse des
hohen Ministeriums für Cultus und Unterricht auf diese wichtige Frage gelenkt. Als
eines der Mittel, welche neue Anregung zu geben und mit zur Besserung führen konnten,
war eine große Ausstellung der kirchlichen Kunst erkannt worden, welche Altes und
Neues neben einander enthielte und so die Vergleichung ermögliche. Mit Zustimmung
des Protectors, Sr. kais. Hoheit des Herrn Erzherzogs Rainer, sowie des hohen Mini-
steriums für Cultus und Unterricht wurde ein dahin gehender Vorschlag zum Beschluss
erhoben. Die Vorarbeiten waren sofort von der Direction begonnen worden, das Pro-
gramm festgestellt und, genau demselben entsprechend, gelangte die Ausstellung mit der
Betheiligung aller betreffenden Kreise in diesem Jahre 1887 zur Ausführung. Da die
-Mittheilungenu des Museums in einer Beilage sowie im Haupttcxt ausführlich über diese
Ausstellung berichtet haben, so begnügen wir uns, an dieser Stelle nur die Thetsache
als eine der wichtigsten lI'l der Geschichte des Oesterr. Museums hervorzuheben. Nach
Beendigung dieser Ausstellung nahm das Curatorium des Oesterr. Museums die Frage
der kirchlichen Kunst von Neuem in seinen Berathungen wieder auf und erkannte nun
als einen weiteren Schritt die Herausgabe einer artistisch-literarischen Publication uber
Gegenstände der kirchlichen Kunst aus dem Gesichtspunkt, welcher derjenige des Mu-
seums überhaupt ist, nämlich aus dem Gesichtspunkt mustergiltiger Schönheit und
Zweckmäßigkeit. Auf Vorschlag des Vorsitzenden Grafen Edmund Zichy Excell. wurde
ein solches Werk als Publication des Museums selber beschlossen; der Beschluss fand
gleicherweise die Zustimmung des Protectors sowie des hohen Ministeriums. Die Ver-
handlungen mit einem Verleger sind im Momente noch nicht beendet.
Ein Gegenstand, welcher ferner das Curatorium in seinen Sitzungen beschäftigte,
war die Angelegenheit einer Feier des fnnfundzwanzigiahrigen Bestandes des Oestert.
Museums. Da dasselbe im Jahre 1864. eröffnet wurde, so fallt dieses Jubiläum in das
nachste Jahr 1889. Beschlossen wurde einerseits die Aufstellung des lebensgroßen Porträts
des durchl. Protectors, St. kais. Hoheit des Herrn Erzherzogs Rainer. welcher bereit-
willigst seine Zustimmung ertheilte, im Sitzungssaal: des Curatoriums. Das Portrat wird
von Prof. Sigmund L'Allemand angefertigt. Beschlossen wurde ferner eine Elite-Aus-
stellung der österreichischen Kunstindustrie in den Räumen des Museums während des
Sommers 1889, deren vorläufiges Programm ebenfalls die Zustimmung des hohen Mini-
steriums gefunden hat. Dasselbe ist in den iMittheilungen-i abgedruckt worden.
Wir lassen nach diesen allgemeinen Bemerkungen den Specialberieht über die
Ereignisse des verüossenen Jahres folgen.