Gestalten auf, als akademische und naturalistische Richtung. Die erstere, vorzüglich ver-
tseten durch die Carnecfs von Bologna (erstes Viertel des 16. Jahrhunderts), nahm die Vor-
züge aller grossen italienischen Meister in sich auf, die Formengehung Raphaels die Zeich-
nung Michael Angela's, das Oolorit Tiziaifs, das Helldunkel Corregginfs, und wirkte
dadurch allerdings den Ausartungen der Manieristeu kräftig entgegen, war aber nicht im
Stande, der bildenden Kunst einen neuen grossen Impuls zu geben, sondern förderte nur
eine achtbnre Mittelmäßigkeit, rührend bei den Gegnern des Idealismus und des Eklek-
tieismus, Caravaggio und seiner Schule, die Naturwahrheit wieder zur Manier gesteigert
wurde, grelle Eiecte in der Zeichnung wie in der Beleuchtung und Darstellung des
Grisslichen überhandnahmen. Liebten die Maler es, Atfecte darzustellen, so wollten die
Bildhauer hinter ihnen nicht zurückbleiben, vielmehr die Grenzen zwischen Malerei und
Plastik niederreissen, iiir die Sculptur das Darstellungsgebiet der Malerei erobern, und ver-
iielen dadurch in Uebertreibung und Unnatur - Berniai etc. ln gleicher Weise über-
trieh die Architektur die Anwendung der gebogenen Linie bis zur Verbannung der geraden,
der Grundlage aller Construction. Alles wurde wellenfdrmig und geschnörkelt, selbst die
Säule zum gewundenen Tau, der Thnnn zur Zwiebel u. s. f. So sehen wir den Jesuiten-
styl entstehen, so genannt, weil die Jesuiten ihn besonders begünstigten und bei ihren
Bauten anwnndten, oder auch Perriickenstyl, einen zweiten Barockstyl, in welchem die
Vorliebe für den Bonibast noch ausgeprägter erscheint.
Derselbe ging nach Frankreich hinüber, wo die Neigung für gezierte Feinheit und
Grazie ihm entgegenkam. Tracht, Ornament, Sprache und Poesie passten sich ihm an.
Ein neues Element brachte in die Gesellschaft die im Hotel Rambouillet erfundene und
gepflegte „Conversaüor, die Entstehung des Salons. Die Unzufriedenheit mit den vor-
handenen Zuständen, die Sehnsucht nach der Natur, zu der wirklich zurückzukehren es doch
an Energie gcbraoh, liessen eine Art von idealem Naturleben entstehen, Schliferromane und
Schiifergemälde mit einer aiiectirten Welt. Idealen Natursinn athmeten dagegen die Land-
schahen Nicoles Poussins, einen ernsten Idealismus vertrat der Philosoph Descartes,
der Dichter Corneille. Allein wlihrend der Kämpfe der Fronde wurde die Bewegung
eine bürgerliche und rein literarische, es entstanden die literarischen Salons, in welchen
nicht mehr die geistreiche Form der Conversation, sondern deren Gegenstand die Haupt-
sache war. Dor Adel hatte seine geistige mit seiner politischen Herrschaft verloren, unter
Ludwig XIV. wurde allein tonangebend der Hof mit seiner Vorliebe fir Pracht und Pump.
Von Frankreich aus breitete sich über ganz Europa das Regime der Staatsperrücke aus,
welche als Sinnbild der Majestät, der Kraft und Schönheit galt, auf die Tracht, die Haltung,
den Tanz etc. bestimmenden Einduss nahm und in der Funtauge der Frauen, der Schnür-
brnst und der Schönpdlisterchen ihre würdigen Seitenstiicke und Ergänzungen erhielt.
Die einleitenden Worte des sechsten Vortrages wiesen darauf hin, wie Lud-
wig XIV. einestheils der Kunst bedurfte, um das Königthum mit jenem Glsnze zu um-
kleiden, ohne welchen er sich dasselbe nicht denken konnte, snderntbeils es aber auch als
Pdicht des Herrschers erkannte, die Kunst zu beben und zu schützen, insofern sie seinen
Begriifen von Grösse und Schönheit entsprach; wie sm'n Beispiel von seinen Zeitgenossen
auf den Thronen nachgeahmt wurde, die Pflege der Künste von den reichen Städten an
die Höfe überging und der französische Geschmack zur Alleinherrschaft in Europa ge-
langte. Es wurde ferner der scheinbar anfallende Umstand berührt, dass dieselbe Zeit,
'welche so bedeutende und schöne Sammlungen von Kunstwerken anlegte, in dem, was
sie schuf, nicht die geringste Einwirkung der letzteren verrieth, als ein neuer Beweis,
dass Galerien allein uuvermögend sind, der von dem Gesarnmtcharakter einer Zeit he-
stzimmten Richtung des Geschmacks entgegenznwirken. Diesen Gesammtcharaktgr nach-
zuweisen biete schon Gelegenheit die Handschrift, welche grosse Ziige, einen gewissen
Schwung, aber auch Gcziertheit und Verscbnörkelung zeigt und an dem Schreiber jene
Selbstgefälligkeit verräth, die dem Zeitalter eigenthiimlich ist. Was es schuf, bewunderte
es auch, und diese Bewunderung genügte dem Geschlechts, um ein spiteres kümmerte
es sich nicht. Dem Portrütmaler kam es nicht mehr auf die Darstellung des Menschen,
sondern der Stellung, der Bedeutung, des Ranges desselben an, zu welchem Zwecke
er den Abgebildeten in charakteristischer Beschäftigung oder mit Attributen umgeben
zeigte, ein Hilfsmittel, zu welchem ihn allerdings auch die Gleichformigkeit der Perriicken-
tracht bei den Männern und der Schminke bei den Frauen nöthigte. Der bedeutendste
Portrütmnler der Zeit war Bigaud, der ungern Frauen malte, da seine ähnlichen Bild-
nisse ihnen nicht gefielen und die ihnen genügenden nicht ähnlich waren. Im Historien-
fache dem Geschmacks des Königs am meisten entsprechend war Lebrun, welcher die
Thaten Ludwigs und Alexander's des Grossen malte. In der Bildhauerei treten die Neigung
zum Naturalismus und die Uebertreibung in Form und Ausdruck einerseits, theatralisches
Wßlßß. Tournure anstatt der Anmuth, Verachten aller Gesetze der Plastik andererseits auf.
Die Architektur brachte nichts neues hervor als die nach ihrem Erfinder benannten Man-
sarden; sie war verschroben in den Einzelnheiten, nahm die Vorliebe fiir gebogene und
gewundene Linien aus der Barockaeit mit herüber, ihre Entwürfe sind aber grossartig, die
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