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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe I (1866 / 9)

fange des fünften Jahrhunderts vor unserer Zeitrechnung sich darstellen, in der Zeit, in 
welcher die Griechen die ursprünglich von den Orientalen überkommenen verschiedenen 
Zweige der Technik sich selbstständig aneigneten, ein eigener, jedoch mit den Künstlern 
in unmittelbarer Verbindung bleibender Handwerkerstand sich herauslrildeta. Der Redner gs- 
denkt der Holzschnitzer in Athen und auf Creta, dem Mittelsort zwischen orientalischer 
und hellenischer Kunst, die ihre steifen, mit rohen Farben bemalten, auch wohl mit Gewändern 
bekleideten Götterbilder, kostbare, mit Elfenbeinschnitzereien und Gold gezierte Cultus- 
geriithe, Prachtmöbel, Weihgeschenke etc. etc. fertigen und erzählt, wie in Corinth die 
Thonarbeit zur Blüthe kömrnt und von dort sich nach Italien ausbreitet - davon noch vor- 
handen Stirnziegel und Reliefs - und durch sie der Metallguss möglich wird. 
Bei Homer ist alle Metallarbeit noch getrieben oder kalt aufgenietet; im siebenten 
Jahrhundert soll Glaukos von Chios die Eisenlöthung erfunden haben, worauf eine sami- 
sche Künstlerfamilie die Kunst des Metallgusses erfand oder vielmehr sich aneignete, so 
zwar, dass, um grössere Gegenstände zu gewinnen, das flüssige Metall in den Zwischen- 
raum zwischen dem Kern und dem Mantel von Thon gegossen wurde, einen Zwischenraum, 
welchen man durch das Ilerausschmelzeu eines Wachsüberzuges über den Kern gewonnen 
hatte; bei kleineren, z. B. Stntuetten, ist der massive Guss als Regel su denken. Diese 
Technik entsprach vorzüglich der Kunstrichtung der Dorier, wie der mehr für eine ge- 
wisse Beseelung der Form geeignete Marmor der Richtung der Jonier. Ungefähr in die- 
selbe Zeit fallen die ersten Münzen (Phidnn in Aegina}, so viel bekannt überhaupt die 
ältesten Münzen höherer Gattung. Gold war in der Technik der Alten weniger in Ge- 
brauch; neben den grösseren Werken, dem olympischen Zeus, dem delphischen Löwen und 
mehreren von Königen, Tyrannen etc. etc. gestifteten Dreiüissen, kommen kleinere Schmuck- 
gegenstünde vor, welche zu den wenigen Spuren künstlerischer Verwendung der Edel- 
steine führen. 
Mit der Einführung des Marmors in die Plastik endlich beginnt daa hohe Leben 
der griechischen Kunst. Abermals ist (im Anfang des siebenten Jahrhunderts) Creta die 
Wiege der Technik, die durch miasvergnügte Arbeiter von dort weiter verpflanzt wird, 
über ganz Griechenland und die Küsten des schwarzen und des Mittelmeeres. Die Kampf- 
spiels und der Gebrauch, dem dreimaligen Sieger eine Statue, vollständig nach dem Leben, 
auf Kosten der Stadt zu setzen, wurden zu einem mächtigen Hebel der plastischen Kunst. 
Die Malerei, zuerst an die Teppichwirkerei auknüpfend, dann mit der Tbonarbeit und 
Architektur in Verbindung tretend, kommt nicht über die colorirte Umriaszeichnung heraus. 
Innerhalb dieser ergeben sich drei Stufen: der einfache Umriss, die Ausfüllung desselben 
mit einer Farbe, durch welche die eine Figur von der (anders gefärbten) anderen unter- 
schieden wird, die Markirung der Gesichtszüge und der Gewandfalten. Diesen Gang der 
Entwickelung wie den Fortschritt in der Form der Gefasse wies der Redner an den mit 
Bildern geschmückten Vasen nach, welche, obwohl vielfach fern von Griechenland, am 
hiußgsten in Etrurien, gefunden, durch Inschriften, durch die Vorwürfe der Darstellungen 
und deren Charakter für die griechische Heimat in Anspruch genommen werden. 
Die fünfte Vorlesung wendete sich der Blüthezeit der hellenischen Kunst 
zu, der Zeit von den Perser-Kriegen bis in die zweite Hälfte des fünften Jahrhunderts. 
Das Kunstleben ist nicht mehr über ganz Helles, die Inseln, die Küsten meinasiens u. s. w. 
zerstreut, sondern hat in Athen seinen Mittelpunkt gefunden, einer Stadt rnit den geo- 
graphischen Bedingungen der Grösse: Meer und Hinterland, aber weniger exponirt als die 
Inselllinder, rnit einer Bevölkerung, in welcher die Empfänglichkeit sich mit dem festen 
Kerne einigt, mit naturgemlsser, freier politischer Entwicklung. Im perikleischen Zeit- 
alter entsteht kein neuer Baustyl, der dorische und der jouische erscheinen verschmolzen, 
der eine hat die Kraft, der andere die Anmnth hergegeben. Daneben unterscheidet diese 
Bauten von den früheren die viel reichere plastische Ausstattung. Der Marmor wird das 
eigentlich plastische DecorationsmsteriaL die grossen Göttsrideale werden geschadeujfür 
den Hauptort, wo decorative Plastik sich entwickelt, für den dorischen Fries, den onischen 
Fxies und die Giebelfelder, scham die Zeit des Phidias einen eigenen Styl; einfac e in sich 
abgeschlossene Composition in den Metopen, auf den ununterbrochenen Friesstreifeu grosss 
zusammenhängende Ziige, deren Bewegung von zwei Seiten vor sich gehend über der Thür 
ihren Abschluss findet, symmetrische Anordnung der Gruppen an den Giebeln. Aber aus 
der Verbindung der beiden Style schiesst als Blüthe die korinthische Sliulenordnung empor. 
der cbarakteristischste Ausdruck des Strebens nach Belebung und Befreiung des docorativen 
Elements (Eine eingehende Betrachtung des Lysikrates-Monuments schloss sich hier an 
die allgemeine Charakteristik des korinthischen Styls.) Auf den gleichzeitigen Vasen- 
bildern werden die Formen schlanker, die Verhältnisse schöner, der Thon selbst ist glatt, 
feingesehlemmt und zeigt anstatt der gelblichen die schöne rothe Farbe. In der Com- 
position spricht sich mehr plastischer Geist aus, die Vorwürfe sind nicht vorwiegend epischer 
Natur, sondern es werden die Götter pereeniieirt und charakteristisch dargestellt oder
	        
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