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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe I (1866 / 11)

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nach dem Können, aus der Theorie in die Praxis hiniiberfiihren. Darum sind auch tiir die 
arbeitenden Stände die Schulen oh so eingerichtet, als ob die Ansammlung einer Menge 
von Begriifen und Kenntnissen schon Ziel und Zweck der Ausbildung wäre. 
Es wiirde uns in Oesterreich schlecht anstehen, wollten wir die deutsche Bildung, 
der wir so viel Grosses verdanken, die uns in vieler Beziehung noch so nothwendig ist, 
irgend verkleinern. Wir hoHen nicht, dass man diesen Zeilen eine solche Absicht unter- 
schiebt. Alles, was wir sagen, ist nur dies, dass in dem iinanciell und privatwirthschaft- 
lich schwer bedrängten Oesterreich die Zeit fehlt, um literarische Umwege zu machen, dass 
wir daher, wenn wir auch in den Anstalten fir Gelehrte die lauterste, reinste Wissenschaft 
gespendet sehen möchten, doch die Stände, deren Bestimmung es ist, sich durch Ar- 
beit ihren Lebensunterhalt zu gewinnen, direct auf verbesserten Erwerb hinleiten sollen. 
Wer wollte wohl verkennen, dass Lesen, Schreiben, Rechnen, Erdbeschreibung, 
Sprachenkunde und vieles Andere auch für den Gewerbsmann sehr nützliche Dinge sind, 
aber Alles ist es nicht und nicht einmal das Nothwendigste; die Hauptsache bleibt immer, 
dass der Mann sein Geschäft verstehe. Ist derselbe in seinem Fache tüchtig, so 
wird er sich auch jenc Kenntnisse rasch erwerben, während umgekehrt theoretisches Wissen 
und vielseitige Begriife erfahrungsgemäß nicht gerade die beste Vorbereitung zur voll- 
kommenen Fachbildung sind. In England hat man von jeher dieser Meinung gehuldigt; 
ebenso in den Vereinigten Staaten, ln Belgien ist allgemein die Ansicht zum Durchbruch 
gekommen, dass der zweclnnässigste Weg zur gewerblichen Ausbildung in einem den 
Schüler nicht allzusehr in Anspruch nehmenden allgemeinen Elementamnterricht besteht, 
mit welchem wo möglich ausserhalb der Schulstunde eine kleine Hilieleishing in irgend 
einer Arbeit verkniiph wird. Mit fortschreitendem Alter tritt die Arbeit dann immer mehr 
in den Vordergrund, und der Schüler kommt in eine Lehrwerkstätte oder in ein Comptoir; 
diese praktische Thätigkeit als Hauptsache betrachtend, besucht er gleichzeitig eine Mittel. 
schule, wobei zu bemerken ist, dass die Schulstunden immer in die von der Arbeit freie 
gelassene Zeit verlegt sind. So wird der Lehrling vor Allem in seinem Fache fest; er 
bleibt „praktisch", er gewöhnt sich an Arbeit, gewöhnt sich daran, die Arbeit als seinen 
Lebenszweck zu betrachten, und der kleine Verdienst, der ihm bereits zuiiiesst, lehrt ihn 
friih, dass sein künftiges Ergeben sciner eigenen Hände Werk sein wird. Hierdurch wird 
die Selbstthiitigkeit und die Selbstachtung geweckt, und die Ausbildung des Charakters 
bleibt weniger, als es bei rein theoretischer Schulung geschieht, hinter der des Kopfes 
zurück. Nach drei oder vier Jahren solcher Beschäftigung in Lehrwerkstätte, Cnmptoir 
und Mittelschule wird dann der richtige Zeitpunct gekommen sein, wo der junge Mann 
sich entweder iiir das Verbleiben im Handwerk oder tiir weitere Ausbildung zu entschei- 
den hat. 
Kleinere Mittheilungen. 
(Neu ausgestellte Gegeustllnde.) Seit dem Erscheinen des Juli - Heftes 
der "Mjttheilungen" sind folgende Gegenstände neu ausgestellt werden: Am 15. Juli: 
Eine an 1011) Stiick umfassende Sammlung von Bronzebeschlägen iiguraler und ornamen- 
tsler Art für Kasten, Thüren n. s. w. von der antiken Zeit an bis zum 19. Jahrhundert, 
und eine Sammlung von grösseren ornamentslen Holzschnitzereien mit Figuren, meistens 
von italienischen Brauttruhen des I6. Jahrhunderts herriihrend, Eigenthnm des Herrn 
Barons von Sourdeau; ferner deutsche Weissstickereien des Mittelalters und Spitzen 
aus der Renaissance-Zeit; Photographien nach Rnfsefschen Handzeichnungen der Oxford. 
Universität; eine neue Serie von Blättern aus Hans Burgkmaifs Triumphzug des Kaisers 
Maximilian und Proben für Wandmalerei von Mnthias Bösch. 
Am 18. Juli: Muster verschiedener Murmorgsttnrxgen aus italienischen, istrisuischen 
und ungarischen Steinbrüchen, von den Besitzern derselben, den Herren Stefan Opvich 
und Anton Gerend sy, dem Museum geschenkweise überlassen; ferner Copien byzantinische; 
Buchainbiinde, gemalt von J. Schönbrunner; ein niederländischer Teppich, Eigenthum 
das Herrn Schnizer von Lindenstemm; die Gypsabgüsse zweier Apostellignlren vom 
Friedrichs-Grabmale in der Stefanskirclie t). 
Am 1. August: Eine Vase mit Amorinen aus getrockneter Porcellanerde von 
Grassi; eine Suppenschsle im Altwiener Geschmack, die letzte Arbeit der ksiserl. Por- 
cellanfsbrik; drei Majalüakfüger Elfenbein- und Bleireliefs aus Privatbesitz. - Proben von 
modernen Nachahmungen antiker nougefässe aus den Fabriken von Schmidt und Bauer 
zu Sonnenberg in Sachsen-Meiningen, von Victor Bransewetter zu Wsgram bei Leobers- 
dorf und von Wedgewood; ferner eine Serie von Rennissancegefässen und Knpfersticheu 
von Ducerceau, Hirschvogel und dem anonymen Meister vom Jahre 1551. 
-) Vorgl. die mm "Geschenk".
	        
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