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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe II (1866 / 14)

Ei 
stisch zeichnen können, sondern die richtige stylistische Zeichnung, welche 
ihnen zur Ausführung in die Hand gegeben wird, gar nicht verstehen. 
Als die Wurzel dieser den Nationalwohlstand tief berührenden Uebel- 
stünde wird allerseits der mangelhafte Unterricht im Zeichnen 
überhaupt und der Abgang eigentlicher Fachschulen für die höheren 
Kunstgewerbe bezeichnet. 
II 
Die Nothwendigkeit der Errichtung höherer Zeichen- 
und Kunstgewerbeschulen tritt heutzutage überall hervor. Mehr 
oder weniger trachten alle Nationen, dem täglich wachsenden Bedürfnisse 
der Industrie in diesem Punkte gerecht zu werden. Am ersten ist diese 
Nothwendigkeit dort fühlbar geworden, wo am meisten auf dem Gebiete 
der Kunstindustrie gearbeitet und geleistet und die lebendige Wechsel- 
wirkung zwischen Kunst und. Industrie seit längerer Zeit richtig gewür- 
diget wird: in England, in Frankreich, im Zollvereine. Mit dem South- 
Kensington-Museum in London steht sowohl eine Zeichenlehrerbil- 
dungsschule, als eine Reihe von einzelnen Zeichenschulen in Verbindung. 
In diesen Schulen, wo der Unterricht sowohl für Elementargegenstande 
als für Specialiiicher ertheilt wird, wird das grösste Gewicht auf den 
Zeichenunterricht gelegt. Die Mittel für diese Anstalten werden nur theil- 
weise von der Regierung, theilweise durch die Schul- und Bibliotheka- 
gelder beschafft, die zwar sehr massig sind. jedoch bei der grossen Anzahl 
der Besucher eine nicht unbedeutende Summe ausmachen. 
Schon bei der Pariser Ausstellung des Jahres 1855 sind die ersten 
Früchte der auf dem Gebiete des Zeichenunterrichtes in England ergriffe- 
nen Massregeln wahrnehmbar geworden. Bald darnach machte man auch 
in Frankreich und Belgien mit der Einrichtung von Museen und mit der 
Reorganisation des gewerblichen Unterrichtes den Anfang. So 1856 in 
Lyon. Das Museum in Lyon und die damit in Verbindung gesetzte 
Kunstgewerbeschule hatten anfang wesentlich einen localen Charakter; 
die Beförderung der Interessen des in Lyon vorzugsweise betriebenen 
Zweiges, der Seidenweberei, bildete den vorwiegenden Gesichtspunkt. 
Allein bald erkannte man, "dass alle Kunstzweige gewisse Beziehungen 
zu einander haben", und dass es nicht angebe, das Museum und die damit 
verbundene Schule auf Seidenstoife und Gewebe zu beschränken. Das 
Museum für Kunst und Industrie in Lyon hat seitdem einen allgemeinen 
Charakter erhalten, und die Ecole des Baum-Ans hält „als allgemeine 
Vorbereitungs- und Fachschule" mit dieser Erweiterung Schritt 
In Paris, von wo aus der Geschmack seit Jahrhunderten seine Rich- 
tung erhält und wo man es nie vergessen hat, den Einfluss der Kunst 
auf die Industrie zu würdigen und zu piiegen, ist in jüngster Zeit zu den 
verschiedenen Anstalten, welche diesem Zwecke dienen, eine neue hin- 
zugetreten, die ganz direct als eine Kunstgewerbeschule in eigentlichem
	        
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