480
Gefässe. Die Proben von Copien des Herrn Bellair werden ebenfalls in
Kurzem sich im Oesterreiehischen Museum befinden:
Zu vollem Verständniss dieser Gefasse reichen, wie gesagt, Gyps-
abgüsse nicht aus, die Bronzegüsse des Herrn Bellair rücken sich schon
dem Verständnisse bedeutend näher, und zwar nicht blos dadurch, dass
die Metallwirkung in höherer Weise zur Geltung kommt, sondern viel-
mehr darum, weil in Gypsabgüssen die Anwendung der Vergoldung, des
Niellos und Emails bei diesen, Silbergefassen absolut nicht dargestellt
werden kann. Herr Bellair gibt mit möglichster Genauigkeit die Ver-
goldung wieder. In der Regel tritt die Vergoldung als Fond auf, aus
dem sich Silber-Ornamente erheben; einzelne Ornamente, wie z. B. das
flache Relief am inneren Rande der Minerva-Schale und die reizenden
Ornamente an dem rückwärtigen Theil! desselben Stückes, sind nur durch
Anwendung der Vergoldung verständlich.
In einem Punkte wird es allerdings schwer sein, auch bei der ge-
nauesten Copie das Original einigermassen zu erreichen. Der galvano-
plastische Niederschlag würde für die Reproduction dieser Gefässe mehr
geeignet sein, als jede andere Kunsrtechnik. Der Guss wird schon des-
wegen vielleicht nicht vollständig im Stande sein, alle reizvollen Details
und die schöne Behandlung der Formen des Originals vollständig zu er.
reichen, weil diese Hildesheimer Gefiisse zum beiweitem grössten Theilc
nicht Gussarbeiten, sondern getriebene Arbeiten sind; nur einige wenige
Theile, z. B. Henkel, Füsse u. dgl, sind gegossen und dann eiselirt. Die
Hauptgefässe sind in verschiedenen Stücken aus dünnen Silberblechen
getrieben, die Stücke unter einander verlöthet und in einer ganz wunder-
baren Weise ciselirt.
Die alte Kunstteehnik des Treibens und des Ciselirens tritt bei diesen
Werken in imposanter Weise auf. Ob dabei auch die Aetztechnik an-
gewendet wnrde, ist eine Frage, die feineren Special-Üntersuchungen übrig
bleiben muss. Auch die Art des Emails und Niello, das sehr zweekinässig
und massvoll angewendet worden ist, z. B. bei einzelnen Blättchen an
kleineren Gefässen, muss einer sorgfältigen Untersuchung anheimgestellt
werden.
Die Gegenstände waren offenbar vorwiegend Gebrauchsgegenstände
der vornehmen Welt; einzelne Stücke darunter sind Schaustücke, die auf
der Tafel oder dem BuHet aufgestellt wurden. Sie scheinen nicht alle
von derselben Hand herzurühren. Der bei weitem grösste Theil aber trägt
so entschieden den Stempel derselben Zeit (und bei einigen Stücken kann
man sagen derselben Hand), dass, wenn einmal die Epoche genau bestimmt
sein wird, in welche diese Denkmäler fallen, diese ein deutliches Bild
der Kunstfertigkeit geben werden, welche im Atelier eines antiken Silber-
arbeiters zu finden war. Eine Hache Tasse, die offenbar gegossen und nicht
getrieben, ist eine antike Copie oder Nachbestellung, woraus einerseits