und sich dem herrschenden Modegeschmack leichter anschmiegt, als die
Florentiner Strohhüte, die nur für einen bestimmten Kreis von Formen
passen. Auf der Florentiner Ausstellung begegnete man nun, ausser
schönen Blumen aus Stroh zum Aufputze der Damenhüte, auch schon
jenen, theils aus Stroh, theils aus Haaren geflochtenen Bändern in
Schweizer Art, um dieser Art von Concurrenz die Stirne bieten zu können.
Ausser Weberei, Stickerei und Flechtarbeit - letztere erstreckt sich
auch auf Arbeiten rein industrieller Art, z. B. der Italien eigenthilmlichen
Geiiechle um Glasflaschen - ist noch die weibliche Handarbeit bei ge-
wisser Art von Blumen, die aus Federn und Muscheln gemacht werden -
letztere für den Orient bestimmt - bemerkenswerth. Bei der Fabrication
von Glasperlen werden in Murano Frauen verwendet. Die für den Orient
bestimmten Glasperlen kamen auf der Ausstellung zahlreich und gut ge-
ordnet vor; letzteres ist wohl das Verdienst des Podeste von Murano,
Herrn Colleoni und des Ahbate Zanetti, des literarisch unermüdlichen
Custoden des städtischen Museums in Murano.
Neben dieser Art weiblicher Hausindustrie, die auf einer productiveu
Thätigkeit Vieler beruht, und aus der wir nur einzelne Beispiele hervor-
gehoben haben, um den Umfang und die Richtung der heutigen weihe
liehen Kunstindustrie Italiens zu kennzeichnen, reihen sich zahlreiche
Proben jener kunstindustriellen Thätigkeit an, die auf der Production
Einzelner beruht. Dass dabei gerade bei grösseren Ausstellungen Manches
unterläuft, was als Spielerei, als verunglückterVersuch einer einzelnen Per-
son zu betrachten ist, braucht nicht besonders erwähnt zu werden. Interes-
sant ist es immerhin, eine Frau als selbstständige Goldarbeiterin - Gin-
seppa Panerai in Florenz - zu treffen. Am meisten Berechtigung hat die
auf ganz individueller Kraft beruhende rein künstlerische Thätigkeit. Die
8. und 9. Galerie, welche ausschliesslich den schönen Künsten gewidmet
ist, brachte 277 Objecte zur Ausstellung, Malerei und Plastik, zeichnende
und reproducirende Künste. Einige Arbeiten würden auch auf eigentlichen
Kunstausstellungen eine gute Rolle spielen. Dass sich in dem Lande der
Bildhauerei auch Frauen dieser Thätigkeit zuwenden, ist ebenso wenig
zu verwundern, als die zahlreichen Copien alter Gemälde von Frauenhand.
Im Ganzen und Grossen gab diese Ausstellung ein lichtvolles und
erfreuliches Bild von der Thätigkeit der Frauen auf dem Gebiete der In-
dustrie und Kunst. Man sah deutlich, dass alte und gute Traditionen in
der Volksarheit noch fortleben und eine Fülle von Talent und natürlichem
Geschmacke besonders in jenen Schichten der Frauenwelt lebt, die von
imodern-üanzösiseher Cultur noch nicht angekränkelt, den einheimischen
Kunstgenius vertreten. Auch greifen in Italien künstlerisch und national-
ökonomisch gebildete Männer, wie es Conte Finocchietti u. A. sind, kräf-
tiger in alles, was sich auf Ausstellungen und Schulen bezieht, ein, als
es bei uns hie und da der Fall ist.