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Zeichnungen von Mittelschulen Copien nach FühricHschen Kupferstichen,
Landschaften in Aquarell und dergleichen mehr sieht. Sehr zu wünschen
wäre es, wenn man sich entschlösse, in den Mittelschulen die H erdtle-
scheu Vorlagen des Zeichenuntetrichtes zur Grundlage zu machen und das
Copiren nach lithographirten modernen tiguralischen und landschaftlichen
Vorlagen direct zu verbieten. Mit Vergnügen hören wir, dass man in
Graz damit umgeht, schon in diesem Jahre einen Zeichner - die Wahl
ist auf Herrn Winfr. Zimmermann, einen sehr geschickten Zeichner,
gefallen - für ein Mustercomptoir anzustellen, die_ sogenannte landschaß-
liche Akademie in eine Gewerbeschule in Verbindung mit dem Kunst-
indnstrievereine und dem Gewerbevereine umzugestalten. Der Gewerbe-
verein selbst wird aus den auf der Ausstellung gewonnenen Erfahrungen
die Ueberzeugung entnommen haben, dass die Politik und Alles was
daran hängt, nicht seine Aufgabe ist, und dass er eine patriotische Pflicht
erüillt, wenn er das Feld seiner eigensten Wirksamkeit sorgfältig und
ausschliesslich pflegt. ,
Auch einzelne industrielle Etablissements scheinen, wie die Gesell-
schaß „Leykam", die Möbelfabrik von Gebrüder Trieb und Eysn u. s. f,
Gebiete der Industrie betreten zu wollen, auf denen man keinen Schritt
vorwärts thun kann, ohne tüchtige kunstgehildete Zeichner zur Verfügung
zu haben. V
Ein anderer sehr_ wesentlicher Punkt, Kunstindustrie zu üirdern,
besteht darin, die passenden Gelegenheiten richtig zu benützen. Was
Steiermark und Kruin (mit Ausnahme von A. Samassa aus Laibaeh) auf
dem Gebiete der Paramente und Kircheneinriehtung ausgestellt hat, zeigt
deutlich, dass die Geistlichkeit in jenen Ländern kauft und bestellt, ohne
eine Ahnung von dem zu haben, was sie soll und was sie zu fordern berufen
wäre. Es wäre auch sehr interessant zu erfahren, mit welchem Kunstver-
ständnisse die steirischen Landstände und Commnnen bei Durchführung
von Aufgaben vorgehen, mit denen die Fliege der Kunst unlösbar verbunden
ist. Denn es würde aller Zeichenunterricht, alle Kunstpdege in der Schule
nichts nützen, wenn man jene Gelegenheit vorübergehen liesse, bei denen
Kunsthandwerker und Künstler verwendet werden müssen. Die Erziehung
des Volkes zur Kunst geschieht am besten dadurch, dass man jene Ge-
legenheiten zur Bethätigung einer Kunstübung benützt. Nürnberg und
Augsburg, Florenz und Köln verdanken ihre Kunstblüthe in den Jahr-
hunderten des Mittelalters und der Renaissance in erster Linie der Ver-
bindung der Kunst mit dem Leben bei allen jenen Werken, welche
Kirche und Gemeinde errichten liessen. Wo aber Kirchenvorstände ihre
Freude und innere Befriedigung nicht an ernster gediegener Kunst, son-
dern an barockem halbtheatralischen Flitterwerke, die Gemeinden nur
an entgeisteten Nützlichkeitsbauten haben, da gedeiht - wie in man-
chen Kronländern des österreichischen Kaiserstaates -- weder Kunst noch
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