MAK

Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XIX (1884 / 230)

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jedem Künstler den Rath gegeben, jede Nachahmung bei Seite zu lassen. 
Dass manchmal die Gesellschaft dazu gekommen ist, den Beifall für seine 
Kunstwerke zu übertreiben und die Art seiner Farbengebung kritiklos 
und verständnisslos aufzunehmen, das war nicht seine Schuld, sondern die 
Schuld derjenigen, welche sich nicht die Mühe gegeben haben, dasjenige 
zu studiren, was zu einer eingehenden Würdigung seiner Kunst nöthig ist. 
Makart hat es empfunden und in seiner Stylart ausgesprochen, dass eine, 
ich möchte sagen, weltbewegende Kraft in der Liebe liegt. Er hat dieser 
seiner Anschauung auch in seinen Compositionen für die innere Aus- 
schmückung der Hofmuseen Ausdruck gegeben. Leider sind dies jetzt 
Bruchstücke, da dem Künstler die Zeit zur Vollendung nicht mehr ver- 
gönnt war. Die künstlerische Production Makart's war durchwegs naiv; 
in diesem Zug von Naivität, der nicht ohne Berechnung war, bewährte 
er sich als ein echter Sohn der Alpen. Das gehörte zu seiner Eigenart; 
er war auch im Leben naiv wie ein Kind und dann wieder berechnend. 
Wenn seine größeren Cornpositionen nicht schon von Anfang an so naiv 
gewesen wären, so hätten seine Arbeiten keine so große Wirkung auf 
das Volk gemacht, welches in seinem Kunsturtheil naiv ist. Die Naivität 
Makarfs zeigt sich in seinen historischen Bildern deutlichst. 
In Bezug auf die historische Malerei im engsten Sinne des Wortes, 
d. h. jener Malerei, welche den Stoff für ihre Bilder aus der Geschichte 
entlehnt, dürfte es nicht überflüssig zu bemerken sein, dass es nicht Auf- 
gabe der Historienmalerei sein kann, einige Seiten Weltgeschichte für 
Schulunterricht zu illustriren. An diese hat Makart natürlich auch nicht ge- 
dacht. Wenn man die l-listorienbilder Makart's betrachtet, muss man sich 
auch erinnern, dass er aus der Schule Piloty's hervorgegangen ist, der, 
wie bekannt, ein eminenter Lehrer ist und das Talent Makarfs sehr bald 
erkannt hat. Die heutige Kunstjugend vertieft sich in zwei Hilfswissen- 
schaften der Kunst nicht genügend, nämlich in die Perspective und die 
Anatomie. Die Perspective ist für die bildende Kunst nicht nur eine Hilfs- 
wissenschaft, sondern sie muss selbst als eine Kunst angesehen werden. 
Wenn Makart in seinen jungen Jahren, zur Zeit, als er an der Akademie 
war, gewusst hätte, was es zu bedeuten hat, wenn ein Künstler von der 
Weltstellung des Lionardo da Vinci sagt: rDie Perspective ist Zaum und 
Steuerruder der Malerei-i, so würde er gewiss jene Fehler vermieden 
haben, die auf seinem Bilde wDer Einzug Carl V. in Antwerpenß hervor- 
getreten sind. ln dieser Beziehung muss man sagen, dass die großen 
Grundsätze der Malerei in Frankreich im Kunststudium viel consequenter 
festgehalten werden, als im ganzen übrigen Mitteleuropa. Die Franzosen 
sind heutigen Tags in Decadence, politisch und social, ihre moralischen 
und ethischen Grundsätze sind erschüttert. Aber trotzdem ist die gegen- 
wärtige französische Künstlergeneration in der Sicherheit der Zeichnung, 
in der Behandlung des Nackten, in dem Studium der Anatomie, in dem 
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