gierungsform dieser Hierarchie, der Scnnencult, war vollkommen dazu
angethan, jegliche Befähigung des Volkes zu Kunst und Gewerbe, die es
besass, zu wecken und unter seiner günstigen Beeinflussung gedeihen zu
lassen. Es war eine Herrschaft des Friedens, ein wohlgefigtes theokra-
tisches System. Obwohl im Verlauf von 400 Jahren des Bestehens
endlich alle Nationen von Quito bis Chile demselben Gcttesglauben
dienten, obwohl neben diesem Einen Bekenntnisse auch nur Eine Sprache
geduldet war und der alte Menschenopfer-Dienst streng verfolgt wurde,
hatte all' diese Neuerung doch vollzogen werden können, ohne dass in
der Reihe von 13 Inkas mehr als nur Ein Eroberer begegnet. Beweise
dieser Kunstübung sind namentlich die gewaltigen Bauten, die über den
Rücken der Anden gethhrte Inkasstrasse, die Tempel" von Pacharamac,
Caüete u. a.., Magazine, Versammlungshallen, Altäre etc. Vom Betriebe
der Kleinkunst geben auch hier Grabeinrichtuugen die beste Belehning;
ihr Inhalt besteht zumeist aus Erzeugnissen der Goldsehmiedekunst: gol-
dene und silberne Idole, Stäbchen mit goldenen Knöpfen; Producte der
Töpferei: Krüge mit Figuren an den Henkaln; (Urornamente, wie sie
alle Völker besassen, Zickzack, Wellenlinie und mäanderähnliches Band);
dann Steingeschirr, Gedacht aus Pdanzenfasern, rotbe und blaue Baum-
wollstoße von der Pdanze Bombas etc. Waffen und Werkzeuge verdienen
besondere Beachtung, denn es fehlte dem alt-peruanischen Arbeiter das
Eisen, er steht gänzlich auf der Stufe des Brouze- und Steinzeitalters
selbst. Als die Spanier ihre mitgebrachten Waaren auskramten, erregte
die grösste Bewunderung der Eingeborenen eine Scheere.
Wir kehren aber zu jener älteren Bevölkerung zurück , die ein völlig
dunkles und unbestimmtes aber riesiges Intervall von dem Beginn der
sanften Inkasherrschaß trennt, vielleicht eine Periode der Oede und Ver--
wilderung, in der auch das zarte Leben der Künste erloschen war.
Wie bedeutend dieselben jedoch in jenen frühesten Tagen geblüht,
beweist der Schatzfund von Cuenca, über welchen L. Heuzey im
Augustheüe der Gazette des beaux arts 1870 p. 113 ff. berichtete.
Cuenca heisst ein Thal und nach demselben eine Provinz in Süd-
Quitc, im 2" s. B12, durch den gewaltigen Bergwall der Andes von Quito
von dem Meerbusen von Gusyaquil geschieden. Hier lebte das tapfere
Volk der Cagnares, noch zur Zeit des Einfalls der Spanier mit den
Inkas um die Wahrung der Selbstständigkeit kämpfend. Bezwungen
mussten sie den heimischen Cult des Mondes mit dem Sonnendienst ver-
tauschen.
Die Ruinen dieses Gebietes entstammen der frühen Zeit des Stam-
mes, nach dem sie genannt sind, Hstun-Cagnar, gehören also einer
älteren Epoche als die Sonnentempel der Inkas (gewöhnlich) an. Es
waren prachtvolle, befestigte Paläste, in dereri Schilderung durch span-
Autoren uns besonders die Innendecoration überrascht, welche Gold-