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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VI (1871 / 65)

dem Lande von grossem Nutzen sein können. Das Staatsmuseum in 
Stockholm, welches zahlreich besucht ist, enthält allerdings viel schöne 
und interessante Gegenstände, aber die meisten derselben, wie die des 
eigentlichen Antiquariums, dienen wohl der wissenschaftlichen Bearbei- 
tung, der Neugierde oder der allgemeinen Bildung, aber dasjenige, was 
etwa ihr die Industrie zu verwerthen wäre, wird nicht aus diesem Ge- 
sichtspunkt betrachtet noch geschätzt. Das Museum in Stockholm lässt 
wie alle bisherigen Museen die Leute mehr zu sich kommen, anstatt zu 
ihnen zu gehen oder sich ihnen aufzudrängen. In Schweden aber hätte 
ein Museum mit der Aufgabe, den Geschmack und die Kunstindustrie zu 
fordern, noch mehr als anderswo die Verpflichtung. auch ausserhalb 
seines natürlichen Sitzes, der Hauptstadt, die Leute in den Provinzen 
bei ihrer Arbeit aufzusuchen und ihnen die Mittel zum Fortschritt und 
zur Fortbildung an Ort und Stelle zu liefern, denn die grosssu Entfer- 
nungen, die Zerstreuung, die Art und die Bedeutung der Hausindustrie wür- 
den den Nutzen eines Museums, das sich mit seiner Thätigkeit auf die 
Hauptsbsdt beschränkte, sehr zweifelhaft machen. Es müsste also fortwäh- 
rend die Verbindungen mit den Provinzen, mit der Hausindustrie, mit 
den Fabriken pflegen, ihnen Muster zusenden, den Zeichenschulen Vor- 
bilder liefern, Filialausstelltingen veranlassen, und was dergleichen alles 
nöthig ist und heute von Kunstindustriemuseen geleistet wird. 
Ein solches Museum für Kunstiuduetrie würde auch dem Lande 
nicht allzukostspielig sein, wenn es mit seinen Sammlungen vorgehen 
würde, wie es z. B. das Oesterreichiscbe Museum mit ebenfalls beschränk- 
ten Mitteln gethan hat, d. h. langsam nach Massgabe der Krähe Kunst- 
gegenstände kaufen, daneben aber vom Ausleihen aus bestehenden Sammlun- 
gen ausgiebigen Gebrauch machen. Und an Sammlungen, die hier in Frage 
kämen und die vielleicht mit der Zeit ganz oder theilweise an das neue 
Museum übergehen könnten, ist Schweden nicht arm. Ich nenne hier 
vor allem die ausgezeichneten Privatsammlungen des Königs im Schlosse 
zu Stockholm, sowie besonders in Ulriksdal, die bereits wie für die Kunst- 
industrie angelegt sind, die reichhaltigen Sammlungen des Herrn Hammer, 
die feingewählte und wohlgeordnete Potteriensammlung des Grafen Bjelke, 
beide in Stockholm, die Sammlung des Grafen Brahe in Skokloster u. s.w. 
Es müsste dann daneben eine vollständige Sammlung aller skandinavischen 
Hausindustrie älterer und neuerer Zeit angelegt werden. Ein solches Museum 
in die richtige. Thätigkeit gesetzt, ganz besonders gegründet und geleitet 
mit Rücksicht auf das, was das Land Eigenthümliches producirt und pro- 
duciren kann, ein solches Museum, immer lebendig erhalten, in vollem 
Connex mit der schaffenden, praktischen Industrie, könnte nicht verfeh- 
len, auch in Schweden den Geschmack an ornamentaler Kunst zu en- 
weoken und müsste dem Lande grosse Dienste leisten, indem es die schlum- 
mernden Kräfte weckt, leitet und fordert. J. Falke.
	        
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