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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VII (1872 / 77)

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langgestreckt-schmächtigen Formen der beiden Kannen und die grosse 
Dünne des Trinkhornes waren durch die Beschaffenheit der verwendeten 
Zähne bedingt, indess wusste der Künstler seine Erfindungen auch diesem 
Umstande bestmöglichst anzupassen. Das einzige, was an diesen trefflichen, 
mit vollster Pietät für den Styl der Renaissance erdachten Arbeiten eini- 
germassen fremdartig berührt, ist das Ornament, welches allerdings unter- 
geordnet verwendet erscheint, aber wo es auftritt, mit dem Style des figu- 
ralen Theiles nicht übereinstimmt, sondern sich als ein Kind des 19. Jahr- 
hunderts manifestirt. Dies tritt an einzelnen Henkeln, besonders aber an 
dem Cabinet zu Tage, von dem sogleich die Rede sein soll. 
Dasselbe ist von schwarzem Holze gefügt, innen mit den gewöhnli- 
chen Schublädchen der alten Schmuckschreine versehen und wird durch 
zwei Thürchen geschlossen. Die Aussenseiten der letzteren sind mit auf- 
gelegtem Elfenbeinschnitzwerk, die Lädchen aber mit flachem Relief aus 
diesem StoEe geschmückt, das schwarze Holz des Kastens hat keinerlei 
Verzierung. An den Thüren nun kommen Rosenbouquets und um das 
mittlere Relief ein Dornenkranz vor, deren Naturalismus zu den ebenfalls 
im Styl des 17. Jahrhunderts etwa gehaltenen Darstellungen aus der Ge- 
schichte Jesu nicht stimmen. Die Reliefs selbst wirken nicht so ganz als 
die schöne Arbeit verdienen würde, weil ihre Contouren und inneren Linien 
bei dem niedern Relief selbstverständlich nur durch die in Folge der Er- 
hebung entstehenden Schatten bemerkbar werden können, diese sehr leich- 
ten Schatten aber durch die grossen tiefdunkeln Massen des schwarzen 
Kastens ringsum ganz verdrängt und erdrückt, werden. Man sieht nur 
weisse Flecken im schwarzen Rahmen. 
Wie die eben besprochenen Arbeiten die Renaissance in bester Art 
repräsentiren, wahrhaft erfreuliche Erscheinungen im heutigen Kunstge- 
werbe, so überrascht ein anderes Werk dieser Technik durch schönes Ver- 
ständniss der Gothik. Es ist ein wenige Zoll hohes Täfelchen, in seichtem 
Relief gearbeitet, der thronende Christus, von E. Pendl in Wien. Das 
Hache Relief ist so meisterlich behandelt, dass alle seine Schönheiten, wel- 
che von dem Masshalten in der Mache abhängen, zur klaren Geltung kommen. 
Auf dem beschränkten Raum weniger Quadratzoll ist soviel Reiz in der 
Detailbehandlung, so verständige Raumeintheilung und so ruhige Führung 
der Zeichnung zu schauen, dass das kleine Bildchen immer und immer 
wieder anzieht. Es schwebt die keusche, anspruchslose Schönheit der alten 
Kunstgebilde über ihm, deren Styl mit Liebe darin aufgenommen erscheint. 
Mit Ausnahme des etwas nazarenischen Christuskopfes athmet das Ganze 
den Geist einer Federzeichnung des 15. Jahrhunderts. 
Wir reihen hieran einige Worte über den Versuch einer Beinätzung 
mit Farbe ausgefüllt, an den Seitenflächen eines Kästchens von R. 
Sagmeister, eine Arbeit. die recht gefällig aussieht, Nachahmung und 
Weiterausbildung verdienen würde. Der alten Zeit war das Verfahren 
nicht unbekannt, daher der Künstler mit Fug seine Zeichnung im Styl
	        
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