seinem Material feiner und eleganter als die opake glasirte Thonwaare, die erst durch
die Deccration auf der Oberfläche zu irgend einem Werthe gelangt. Der Feinheit des.
Materials muss bei dem Poroellan aber auch die Feinheit der künstlerischen Verzierung
entsprechen. Diese Weise hatte aber das Porcellan in unserem Jahrhundert, namentlich
in den letzten Jahrzehnten, völlig verlassen. Unter Führung von Sevres, das darin voran-
gegangen war, hatte es seine Starke in kolossalen oder unschönen, plumpen, barocken,
verwilderten Formen gesucht, sich mit schweren Farben, mit grossen Blumenmalereien
oder Gemälden, die nur für Wand und Tafel sich eigneten, überladen. Damit hatte es
seines Zieles verfehlt und hatte doch dem Bedtlrfniss nach reichen decorinen Poterien
als Zimmerausstattung, wie es ehemals von den Maioliken, auch von den Delfter und
chinesischen Gefässen vortrefflich befriedigt wurde, nicht entsprechen können. Nunmehr
ist dem Porcellan dieses Gebiet, das ihm ohnehin eigentlich nicht gebührte, mehr und
mehr von den Fayencen entzogen, und es ist auf sein specielles Reich, das feinere Ge-
brauchsgeschirr, beschrankt worden. Wenn es davon noch vielfaltig'Ausnahmen gibt, zum
Beispiel bei uns und in Deutschland, so sind das eben noch Erinnerungen der alten Art
und auch sie sind nich ohne Spuren der Geschmacksanderung, die mit dem Porcellan vor
sich gegangen ist.
Indern das Porcellan so zu sagen sich auf sich selbst zurückzog, hat es seine
eigentliche ornamentale Weise gefunden. Es hat der schweren Art entsagt, seine
Formen zierlicher gestaltet, seine Ornamentation verfeinert, es ist in allem und
jedem eleganter geworden. Indem es mehr auf die Form achtete, hat es auch die
leichten, zarten Ornamente naher an den Bau und die Gliederung der Gefasse ange-
schlossen, und vor allem die Theile berücksichtigt, die auch zur Ornamentation sich
eigieten. Während zum Beispiel früher die mittlere Hauptliäche eines Tellers vorzugs-
weise als Platz der Verzierung galt und Blurnenstrausse, Gewächse, Genrebilder, selbst
religiöse Gemälde aufzunehmen hatte, ist nunmehr der Rand als derjenige Theil erkannt,
welcher die reichere Verzierung zu erhalten hat, weil er bei dem Gebrauche nicht ver-
deckt wird. Soll ich Ihnen Beispiele dieser neuen Richtung vor Augen führen, so beziehe
ich mich in unserer eigenen Museumsausstellung auf die Porcellanarbeiten der Fabrik von
Hans 81 Czizek in Schlaggenwald, welche dieses modernste Genre in gleichmässiger,
zum Theil hbchst gelungener Weise reprasentiren.
In dieser neuen oder vielmehr neuesten Richtung bot die englische Fabrication eine
Fülle des Reizenden, allerdings noch im Gemisch mit mancherlei Reminiscenzen an die
alte Art oder mit allerlei Sonderbarkeiten und Bizarrerien. Zu den letzteren Gegenständen
mag man ein aus feinstem Material mit höchster Sauberkeit hergestelltes Theeservicc
rechnen, das alle Gefässe aus KoEern und Hutschachteln mit Schnallen und Riemen her-
gestellt hatte, oder ein anderes, dessen Henkel und Fnsse aus geßochtenen Züpfen be-
standen, oder ein drittes, dessen Tassen aus olfenen Blumenkelchen, dessen Schalen aus
Blättern naturalistisch gebildet waren, wobei es sich denn sehr sonderbar ausnimmt, wenn
eine solche Rose an ihren Blättern einen Henkel befestigt hat, der ihr doch von Natur
nicht angewachsen ist. Auch anderes mag im Einzelnen getadelt werden, gewisse Ueber-
treibungcn der Malerei oder capricibse willkürliche Formen der Gefasse, wie denn über-
haupt das Verständniss für die Reinheit und edle Einfachheit der Gefassformen der mo-
dernen Fahrication wie dem Publicum unendlich schwer aufzugeben scheint. Aber trotzdem
war der Gesammteindruck des englischen Porcellans ein ausserordentlich günstiger.
Es kommt hier freilich hinzu, dass die Beschaffenheit des englischen Porcellans,
welche eine mehr weiche und glasige, schneller Hüssige Masse ist, dieser künstlerischen
Richtung zu Hilfe kommt. Seine etwas warme, milchweisse Oberfläche lasst die Farben
tiefer in die Schmelzrnasse einsinken, so dass sie dadurch selbst mehr Schmelz und Trans-
parenz erhalten, während sie bei der harten Porcellanmasse trockener und deckender auf-
liegen. Diese Eigenthümlichkeit wissen die englischen Porcellanfabrikanten vortreiflich zu
benützen, wie einst die Künstler von Sevres zur Zeit, als dort noch die weiche Masse
im Gebrauch war. Mit vollem Recht haben sie daher auch die Wiederherstellung der
alten berühmten Sevresfarben, Rose Dubarry, Konigsblau und Sevresgrün versucht, und
ihre lmitationen stehen schwerlich den Originalen auch nur im Geringsten nach.
Das ist jedoch nur eine Erscheinung in der heutigen englischen Porcellanfabri-
cation, wie es deren viele gibt. Ihrer aller zu gedenken, obwohl sie hinlängliches ln-
teresse bieten, kann für, jetzt bei der Menge des Stoffes, der sich mir herandrangt, nicht
meine Aufgabe sein. lch mus mich daher begnügen, nur den grossen Zug der Bewegung
zu schildern.
Auch das fremde, nicht englische Porcellan, soweit es auf der Ausstellung
vertreten war, obwohl es in seiner Masse s. g. hartes Pnrcellan ist, hat dem Zuge der
Bewegung folgen müssen. Während Fischer von Herend in seiner uns wohlbekannten Art
auf seine eigene Weise immer schon eine ähnliche Richtung verfolgt hat, erschien z. B.
die kbnigliche Fabrik in Berlin auf früheren Ausstellungen mit wohl vortrefflich ausge-
führten, aber formell und decorativ sehr massiven Arbeiten, die auch sonst das Ziel viel-