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Herr Custos Lippman hat die Leitung der Aufstellung und Anord-
nung dieser Specialausstellung übernommen. - Es ist in Aussicht ge-
nommen, dass diese Ausstellung arn Ostersonntag den 13. April eröffnet
werden kann. Sie wird in den Räumen des ersten Stockes, wo die wech-
selnde Ausstellung der zeichnenden Künste sich befindet, und im Vorlese-
saal veranstaltet werden.
Vorlesungen In lluuun.
Prof. Ritter v. Ferstel las Donnerstag, den g. Janner, im Oesterr. Museum vor
einem zahlreich versammelten Auditorium, dem auch Se. Excell. der Herr Unterrichts-
minister Dr. Stremayr angehörte, über den in nächster Zeit beginnenden Bau der neuen
Universität. Der hauptsächlich in technischer und künstlerischer Richtung sich bewegende
Vortrag wurde von einem historischen Rückblicke bis zu den nun seit zwei Decennien im
Zuge beiindlichen Verhandlungen eingeleitet.
Prof. Ferstel reiste vor zwei Jahren nach Rom, um dort in Musse den Plan zu
entwerfen. Es wurde Sorge dafür getragen, dass mit Ausnahme der meteorologischen
Anstalt auf der whohen Warten alle selbstständigen wissenschaftlichen Institute, wie das
chemische Laboratorium, das anatomische, das physikalische lnstitut etc., der Universität
in unmittelbarster Nahe zu stehen kommen. Auf die Erläuterung des Planes übergehend,
deutet Redner darauf hin, wie gerade dieser Bau die grossten und mannigfaltigsten Forde-
en befriedigen müsse und welche Schwierigkeiten es bereite, den sich wesentlich
unterscheidenden Horshlen, Festlocalitaten, Prüfungssälen und andern Räumlichkeiten spe-
cielle architektonische Behandlung zu widmen. In der Mitte der Längsfacade befinden
sich die Bibliothek und die Festsäle, indess die zahlreichen Hörsäle den ossen Hof ein-
schliessen, hinter welchem sich zwei grßssere und zwei kleinere H0 e beünden. Das
Areale betragt 5950 Qdkftn, das Untergeschoss oder Tiefparterre ist hoch genug gelegt,
um im gleic en Niveau mit der Ringstrasse eine Einfahrt zu gestatten und an Front- und
Llngsseiten die Flur mit der Strasse ohne Treppe zu verbinden. Darüber erhebt sich ein
Obergeschoss oder Hochparterre, theilweise zu Wohnungen für Professoren eingerichtet,
ein erstes und ein zweites Stockwerk. Der Hof ist 36 Klftr. lang und 25 Klftr. breit.
demnach ein Flachenraum von goo Qdklftn, er wird von Arcaden umgeben und ist auf
diese Weise die Communication mit dern Vestibule hergestellt; von der Ringstrasse aus
führen drei, von den Seiten zwei Eingan e. Man war bemüht, die gleichartigen Facher
zusammenzufassen und jeder Facultät, mit Ausnahme der philosophischen, welche schon
in sich die grösste Mannigfaltigkeit von Lehrfächern besitzt, eine eigene Zusammengehörig-
keit der Horsale zu geben; eine Hälfte des ersten Stockwerks wurde der iuridischen, eine
HälBe des zweiten Stockwerks der theologischen Facultat zugetheilt und in lhnlicher
Weise die übrigen Fächer bedacht. Die Prüfungssale, die Decanate, das Rectorat wur-
den mehr nach aussen, gegen die Gassenfront verlegt, der Quästur und den Univer-
sitltsämtern das Erdgeschoss eingeräumt. Die Bibliothek mit den grossen Lesesalen wurde,
nach demlVorbilde deQSn-Genevieve-Bibliothek in Paris, in einer dreischifiigen umfangreichen
Halle untergebracht, die eine Anzahl von 350.000 Banden (längs der Wandraume in 6'],
bis 7 Fuss hohen Schranken, ohne Stufen erreichbar) fassen kann und 400 Plätze für
Leser bietet. Der Fussboden des rechten Seitenschitfes liegt hoher als das Mittel- und
linke Seitenschiif und ist von diesen als Leseraum für die Professoren vollständig getrennt.
Was die ästhetischen Anforderungen des Baues anlangt, so sei, trotzdem der Schwer-
punkt auf das innere verlegt werden musste, der Verschmelzung der künstlerischen mit
den Baumotiven, der einheitlichen Gliederung Rechnung getragen worden, um eine künst-
lerische Losung des Combinativen mit der gewinnenden Form glücklich durchzuführen.
Der Arcadenhof wird im italienischen Renaissancestyl des 15. und 16. Jahrhunderts her-
estellt.
8 Die nur approximativ zu veranschlagenden Kosten dm Baues belaufen sich au
sechs bis acht Millionen Gulden; die Zeit, die der Bau in Anspruch nehmen wird, dürfte
sich auf acht bis zehn Jahre erstrecken. - in kürzester Zeit wird die Einfriedung und
die Aufstellung der Bauhütte geschehen.
Prof. Ferstel schliesst mit der Bemerkung, dass, nachdem der schönste Platz
Wiena für die Universität ausersehen wurde und der Bau zu einer Zeit ausgeführt wird,
in der ihm die hohe Vervollkommnung der technischen Hilfsmittel zustattenkommt, er
auch mit Zuversicht und Muth an die Ausführung des grossen Werkes schreite.